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Donnerstag, 6. November 2014

Helga König: Gedanken zur Twitterpoetin Rahel Müller.

Auf Twitter lese ich mit Vorliebe Rahel Müllers poetische Sentenzen und habe mir vorhin vorgenommen, nicht mehr den Zufall darüber entscheiden zu lassen, ob  die Startseite gerade einen ihrer nicht selten melancholischen Sätze bereithält, wenn ich mich dort kurz einklicke, denn ihre Poesie lohnt es,  täglich zu lesen. Ihre Worte finden problemlos einen Weg in die Seele des Lesers. 

Rahel, eine Malerin aus Zürich, hat gestern mal wieder gezeigt, dass es möglich ist, mit wenigen Worten einfühlsam eine Geschichte zu erzählen: „als ich mal sehr deprimiert war und mir aus brotkrümeln ein mandala gelegt habe. nein, habe ich natürlich nicht, ich war nur deprimiert.“

Die Schweizerin schreibt nicht für „menschen, die sich aus der asche ihrer toten diamanten pressen lassen“, im Glauben selbst auf diese Weise ein Diamant zu werden, denn Rahel ist frei von Gier. Sie ist ein Mensch, deren Seele so hell leuchtet, dass selbst unsensible Leser dies sofort bemerken „fühle mich heute selten geborgen, warmhändig. die frühe nacht schwappt mantelmandeln. es ist nichts gesagt. ich kann auf alles verweisen.“ 

Gierige Menschen leuchten nicht. Das ist der Preis, den jene zahlen, die sich selbst aus Asche ihrer toten Diamanten pressen lassen, um wertig zu funkeln.

Fast hätte ich den Kontakt zu dieser wunderbaren  Frau, die fast beiläufig meint „das kleine stück heiligkeit kommt ohne worte aus“ verloren, weil ich eine Twitterfunktion unwissend betätigte, die ihr den Eindruck vermittelte, ich wolle den Kontakt mit ihr abbrechen. Sie aber hörte auf ihren Instinkt, der ihr sagte, dass dies eigentlich nicht sein kann. Dafür danke ich Rahel, aber auch für die vielen schönen, lebensklugen Sentenzen „und wenn etwas noch so fragil, ungelenk, verletzlich, stumm oder scheu ist: es hat schon mehrfach leben gehütet.“ 

Man kann nur hoffen, dass diese mehrfach begabte Künstlerin all ihre wundervollen Sentenzen speichert und zu einem Buch verarbeitet. Sätze wie „ausnahmslos jeder, der das weite sucht findet die nähe später in sich“ sollten nicht aus dem Blickfeld verschwinden. Sie sind von einer Tiefe, dass sie sich zur Meditation in ZEN-Klöstern eignen.

Wenn Rahel meint „man tanzt nicht auf vulkanen. man fürchtet sich, selbst einer zu sein. ausbrechen hiesse, zu viel zu zerstören“, kann ich nur  entgegnen,  dass der poetische Ausbruch des Vulkans "Rahel Müller" keineswegs zerstört, sondern  einzig viele  bereichert, weit mehr als jene, die ihre Gedanken täglich  retweeten oder favorisieren.

Die Künstlerin weiß selbstreflektierend: „an mir ist kein niemand je verloren gegangen.“ Das ist wohl wahr, denn Rahel ist kein Niemand, sondern zählt zu den begabten Zeitgenossen, die  mit wohlgesetzten Worten auf toter Materie  zu tanzen vermögen und diese Tag um Tag zur Freude aller aufs Neue belebt.

Damit wirkt sie dem Novemberblues entgegen: "überschäumende fülle von grautönen", die daran erinnern, aus welchen Gründen man aus "brotkrümeln ein mandala legt": "ich habe so eine liebe. das ist halt so. aber manchmal macht sie mich auch hilflos."

Helga König

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