Der Tag des Kusses wird heute am 6.Juli 2025 weltweit begangen. Den schönen Beitrag, den ich gestern in einer lokalen Zeitung zu diesem Thema las, möchte ich an dieser Stelle allerdings nicht verkürzt wiedergeben, sondern stattdessen über eigene Eindrücke und Erfahrungen zum Thema Kuss kurz berichten.
Gehätschelt und geknutscht zu werden, erlebte ich als Kleinkind durch meine böhmische Großmutter, nicht aber durch meine preußische Mutter, deren Zuneigung Verlässlichkeit hieß. Sich blind in die Arme der Mutter fallen lassen zu können, schenkt einem Kind Sicherheit, die ein Leben lang hält. Ein Kuss wird leicht vergessen und berührt nur dann über die Zeiten hinweg, wenn tiefe Zuneigung im Spiel war.
In meiner Generation war es eher unüblich seine Freunde, Cousins, Freundinnen und Cousinen im Kindesalter abzubusseln, wenn ein Geburtstag anstand, was ich allerdings nie als Mangel empfand. Man wusste auch so wie innig man zueinander stand oder auch nicht.
So vergingen Jahre bis zum ersten oberflächlichen erotischen Kuss, der mehr der Neugierde als einer Verliebtheit geschuldet war. Er ist lange vergessen, wohl aber nicht der erste Kuss der ersten große Liebe und die damit verbundene Sehnsucht, weil Nähe selten möglich war.
Küssen wurde später zum Credo meiner Generation und so erschloss sich auch mir als Teenager ein Teil der Welt in gewisser Weise durch das Küssen, das man nicht als Vorspiel zum Beischlaf begriff, sondern als schöne Begleiterscheinung beim Tanzen zu entsprechender Musik. Küssen war das Tüpfelchen auf dem I.
Man war begeistert von Postern wie "Der Kuss" von Peter Behrens, ein Bild, das ich in meinem Teenagerzimmer neben einem Poster von Che Guevara platziert hatte.
"Love-and-Peace" war die Geisteshaltung, der auch ich mich verpflichtet fühlte und so bedauerte ich es natürlich, dass man Klimts "Kuss für die ganze Welt", ein Detail von dessen Beethoven-Fries, nicht als Poster erwerben konnte.
Der folgenlose Kuss, der arglose Verspieltheit implizierte, ist mit der Geisterhaltung von "Love und Peace" leider untergegangen. Der Kuss ist zwar noch nicht zu Grabe getragen worden, aber er kennt offensichtlich die Leichtigkeit des Seins nicht mehr. Das ist bedauerlich.
Helga König