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Montag, 29. Dezember 2014

Helga König: Gedanken zur Literaturverfilmung #Der_Vorleser

Zum dritten Mal bereits befasse ich mich gedanklich mit dem Inhalt des Films "Der Vorleser", der gestern Abend abermals im ARD Programm gezeigt wurde. Es handelt sich um eine Literaturverfilmung des gleichnamigen Romans von Bernhard Schlink. Dieser Roman aus dem Jahre 1997 wurde in 40 Sprachen übersetzt. 

Zwischenzeitlich kann man sich bei Wikipedia hinreichend über die Romanhandlung kundig machen. Deshalb skizziere ich den Inhalt nicht noch einmal.

Mein Betrachtungswinkel gilt heute nicht Hannas Mangel, ihrem Analphabetismus, der ihr Minderwertigkeitsgefühl auslöste, sondern der pervertierten Pflichterfüllung, die sie und all die anderen KZ-Wärterinnen, die auf der Anklagebank saßen, zu monströsen, seelenlosen Täterinnen haben werden lassen. 

Die Banalität des Bösen wird durch die Dialoge bei Gericht im Film deutlich. Sie ist mir gestern Nacht erst wirklich klar geworden. Das Böse in seiner Banalität wird u.a. möglich, wenn es einem Täter an ethischem Bewusstsein fehlt und er ignorant oder unreflektiert das tut, was er meint tun müssen, um in einem System gut zu funktionieren. Solche Täter scheinen im Moment der Tat das Böse nicht zu erkennen. Sie agieren wie fremdbestimmte Roboter. 

Ich bin überzeugt, dass nicht wenige Personen in der NS-Zeit problemlos die gleiche "Pflicht" erfüllt hätten wie Hanna sowie die anderen Angeklagten und um  "Ordnung" zu schaffen, gebrandmarkte Menschen ins Gas geschickt hätten, sofern sie durch ethische Vorbehalte nicht daran gehindert worden wären, die sogenannte Pflicht und die Perversion des Ordnungschaffens zu überdenken.

Das Naziprogramm ist eine Zerstörungsideologie, die bis zum heutigen Tag nachwirkt und es noch immer schafft,  Menschen zu entseelen oft über viele Generationen hinweg. Überall, wo zerstört wird, gilt es  zu hinterfragen, inwieweit  die  besagte Zerstörungsideologie  noch am Werk ist.  Sie ist nicht immer als braune Ideologie erkennbar, so doch als zwanghaftes Vernichtungsprogramm.

Nur die Übermittlung von ethischem Gedankengut kann davor schützen, dass Menschen Zerstörungsideologie umsetzen, denn der Mensch ist des Menschen Wolf und handelt entsprechend, wenn er nicht erkennt, weshalb Humanismus unsere einzige Chance ist, uns als Menschheit nicht selbst zu zerstören. 

Deshalb muss der Humanismus-Gedanke von einer in die nächste Generation getragen werden. Geschieht dies nicht, beginnt Zerstörung. Wir sind vor dem, was war, weder im Jetzt noch in der Zukunft gefeit. Das muss uns klar sein. 

Auch willige Helfer müssen Verantwortung für ihr Tun übernehmen. Daran gibt es nichts zu rütteln. Doch Angst vor Strafe allein schreckt nicht ab, abschreckend ist einzig die Erkenntnis über den wahren Wert der Menschenrechte, über den man  nicht   nur in dunklen Zeiten sprechen sollte.

Der Vorleser Michael steht meines Erachtens für die Folgegeneration, die ihre Naziväter und -mütter zu lieben gezwungen waren  aus  der Eltern- Kind-Beziehung heraus und daran nicht selten zerbrochen sind, weil sie deren monströse Kälte nicht ertrugen. 

Helga König

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