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Sonntag, 4. Januar 2015

Helga König: Gedanken zu den Filmen „#Eine_Liebe_für_den_Frieden“ und „#Wunderkinder“.

"Der nächste Krieg wird von einer Furchtbarkeit sein, wie noch keiner seiner Vorgänger." (Bertha von Suttner; 1843-1914) 

Dieser Satz der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner hat prophetischen Charakter. Die weitsichtige Pazifistin, deren Leben Gegenstand des Filmes  "Eine Liebe für den Frieden" ist,  starb wenige Monate vor dem 1. Weltkrieg. 

Es war Giftgas, das im 1. Weltkrieg die Kriegsführung prägte und für verheerende Folgen sorgte. 17 Millionen Menschen starben allein im Laufe von vier Kriegsjahren und weil der 1. Weltkrieg den Nährboden für den Faschismus in Italien und den Nationalsozialismus in Deutschland schuf, wurde er zum Vorläufer des 2. Weltkrieges. Dieser abscheuliche Krieg, bei dem direkt und indirekt in 60 Staaten 110 Millionen unter Waffen standen,   hatte 70 Millionen Tote zum Ergebnis. 

Bertha von Suttners Ruf  "Die Waffen nieder!" wurde von den Machthabern nicht zur Kenntnis genommen. Ergebnis: fast 90 Millionen Tote. 

Rezensionen zu den beiden Filmen, die gestern Abend im ARD-Programm gezeigt wurden, will ich nicht verfassen, mich also nicht über die Leistung der Schauspieler, über einzelne Sequenzen, über die Filmausstattung etc. äußern, sondern vielmehr den Filmemachern meine Anerkennung ausdrücken, dass sie sich endlich dem Leben Bertha von Suttners angenommen und die Lebensleistung dieser Frau, die heute nur noch wenigen bekannt ist,  thematisiert haben. 

Das Drama "Wunderkinder" gleich im Anschluss an den Film "Eine Liebe für den Frieden" zu zeigen, zeugt von einer klugen Programmgestaltung, weil hierdurch Suttners prophetischer Satz veranschaulicht und damit Aufklärung betrieben wurde. 

Bertha von Suttner hatte ihre Kriegserfahrungen 1877 im Russisch-Türkischen Krieg gesammelt und verfasste 12 Jahre später den pazifistischen Roman "Die Waffen nieder!", der übrigens in 12 Sprachen übersetzt wurde. 

Der Film zeigt ihr Engagement für den Frieden, auch ihre Freundschaft zu Alfred Nobel. Er thematisiert aber nicht alle Facetten ihres Lebens, was im Hinblick auf das beleuchtete Friedenengagement keinen zu kritisierenden  Mangel darstellt. Wer sich für alle Facetten interessiert, sollte Brigitte Hamann: Bertha von Suttner - Ein Leben für den Frieden. Piper Verlag GmbH, München 2002, ISBN 3-492-23784-3 lesen, eine sehr gute Biographie, die ich gerne weiterempfehle. 

Gestern Nachmittag habe ich einen Essay des österreichisch- französischen Philosophen Manés Sperber gelesen. 1983 wurde der Essayist mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Der Titel des Essays lautet "Über den Hass". Ich möchte an dieser Stelle eine Passage aus dem Essay zitieren, weil er verdeutlicht, weshalb die  hassbessenen Nazis allein 1,5 Millionen jüdische Kinder ermordet haben.

Das ermordete Wunderkind des Films, der im Anschluss an "Eine Liebe für den Frieden" gezeigt wurde, steht für alle jüdischen Kinder, nein, es steht für alle durch die Nazis ermordeten Juden.

Über den Essay gedenke ich in den nächsten Tagen eine Rezension zu verfassen. 

Sperber schreibt den Hass analysierend: "Nun kann man aber bei jedem vom Hass bessenen Menschen diese besondere Angst feststellen; sie treibt ihn dazu, die Schuld für jene Unsicherheit, welche das Zwielichtige seines Wesens bestimmt, in einem anderen zu suchen. Deshalb hasst er im anderen:

1. Die Eigenschaften und Merkmale, die er selbst nicht oder nur in ungenügendem Maße besitzt, was er als unerträglich empfindet. Daher auch entwertet er diese, indem, er sie in unheimlicher Weise verdächtig macht;

2. die Fehler, von denen er sich selbst befreien möchte. Es fällt ihm leichter, diese bei sich selbst zu entschuldigen und zu verbergen, wenn er sie beim anderen ins Groteske steigert;

3. die Überlegenheit des anderen auf Gebieten, auf denen er sich hoffnungslos unterlegen weiß; 

4. die Schwäche, den fehlenden Willen, oder im Gegenteil die Kraft, mit der sich der andere gegen seine Verfolger zur Wehr setzt. In allen drei Fällen findet der Hass die Bestätigung seiner sämtlichen Gründe, indem er bald eine unwürdige Heuchelei vermutet, hinter der sich eine verächtliche Feigheit versteckt, bald einen unergründlichen Hass;

5. Der Mut oder die Fähigkeit, sich Befriedigung zu verschaffen, von denen er zwar träumt, die er zu suchen aber nicht wagt oder die zu erlangen im nicht gelingt.

6. alles, was an den gehassten Menschen sympathisch, ehrbar oder bewundernswert macht, alles, wodurch er den Hass entwaffnen könnte, wird als Verstellung, als Verheimlichung, als verwerflicher Trick oder irreführende List entlarvt: der Hass aber findet in all dem einen zusätzlichen Beweis dafür, dass seine Opfer es "objektiv" verdient, der allgemeinen Verachtung ausgesetzt zu werden.(…)…" 

Durch diese Erläuterung wird deutlich, weshalb zu hassen,  nach Sperbers Ansicht  das größte Leid ist, was man sich selbst antun kann, denn Hass entmenschlicht. 

Sperber sagt auch: "Gleichgültigkeit ist die sicherste Stütze aller Gewaltherrschaften." Genau dies wird durch die Filme dokumentiert, aber es wird auch  gezeigt, was sich ereignen, wenn man  sich der Gleichgültigkeit verweigert. 

Wenn kollektive Gleichgültigkeit in ein kollektives Mitgefühl verwandelt wird, haben Gewaltherrschaften keine Chance. Von daher gilt es immer wieder an Liebe und Mitgefühl zu appellieren, so wie es Bertha von Suttner tat, die den wunderbaren Satz formuliert hat: 

"Nach "lieben" ist "helfen" das schönste Zeitwort der Welt."

Helga König

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