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Samstag, 3. Mai 2025

Sonntagskolumne, Helga König, 4. Mai.2025

Woche für Woche ist der Briefkasten an Samstagen mit Werbung gefüllt. Geduldig sortiere ich die meisten Prospekte noch draußen aus und werfe sie ungelesen in die blaue Tonne. Die Prospekte der vier Supermärkte in unmittelbarer Nähe studiere ich interessiert, um zu sehen, womit sie konkurrieren und womit sie die Kunden locken. 

In der kommenden Woche ist es eindeutig der Muttertag am 11.5. Wer mehr zur Geschichte des Tages wissen möchte, dem empfehle ich den entsprechenden Beitrag auf Wikipedia. Diese Fakten möchte ich hier nicht wiederkäuen.

Neugierig blättere ich im ersten der vier Prospekte. Hier sind die Muttertags-Seiten zart rosa gehalten. Diese Farbe gilt in der Farbpsychologie als Farbe der Nächstenliebe, Romantik und Fürsorge. Gut gewählt demnach! Viele der angebotenen Produkte sind in Herzform kreiert, so etwa Pralinen, Macarons und Kuchen, aber auch Nudeln. Die Herzform steht für das Zentrum der Emotionen und darum geht es, besonders im Kommerz am Muttertag. Wer bereitet die Herzchen-Pasta zu? Hoffentlich nicht die liebe Mutter! 

Dann springt mir, angelehnt an die superteure "Dubai-Schokolade", der abgefahrene Hype der letzten Monate, eine Schokolade mit rosa Füllung ins Auge. Dabei handelt es sich um eine Schokoladen-Kreation gefüllt mit türkischer Zuckerwatte und mit Pistaziencreme verfeinert. Süßer geht’s nimmer, denke ich und frage mich, warum die Industrie Müttern dies antut. 

Im nächsten Prospekt finde ich Blumen, fast alle in der Farbe Rosa gehalten und denke "Calla im Kugeltopf"“ ist etwas für den Uropa! Für die junge Mutter dann doch eher rosa Rosen vom Gärtner oder viel schöner noch ein selbstgepflückter Wiesenblumenstrauß…! 

Im dritten Prospekt entdecke ich einen Jahrgangsekt eines guten Herstellers mit rosafarbenem Etikett und so genannte "Muttertagspralinen". Ein typisches Geschenk des in die Jahre gekommenen Sohnes an die hochbetagte Mutter! Womit diese Pralinen wohl gefüllt sind? 

Ich blätterte weiter und entdecke Orchideen und Geschenkpackungen mit Massageölen oder Badeessenzen. Doch es fehlt auch nicht die Himbeer-Herztorte und rosafarbenes Tartufo-Eis. Eine Herzbox mit Sushis gibt es auch im Programm und Rosen in der Herzbox lassen ebenfalls wissen, dass alles „theoretisch“ von Herzen kommt, zumindest an diesem Tag. 

Im vierten Prospekt auf der letzten Seite werden die obligatorischen Pralinen und der Sekt für die fiktive Mutter angeboten, ferner ein Kaffeebecher mit der Aufschrift "Beste Mama", Metalldosen in Herzform und künstliche (!) Pfingsrosensträuße. Ich schüttele ungehalten den Kopf und erinnere mich an meine Lehrerin in der dritten Klasse der Grundschule. Sie war damals hochschwanger und machte uns klar, dass wir unseren Müttern zum Muttertag etwas malen oder schreiben sollten, was von Herzen kommt. Etwas zu kaufen, sei tabu. 

Meine Kindheitsfreundin und ich bastelten daraufhin begeistert Blumenherzen aus Wiesenschaumkraut. Es war unsere Art Dankeschön zu sagen. Das ist Ewigkeiten her. Und heute? Ist mein Dankeschön die Bewahrung des Gartens meiner vor sechs Jahren verstorbenen Mutter in zeitgemäßer Interpretation. 

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