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Samstag, 17. Februar 2018

Sonntagskolumne Helga König, 18.2.2018

"So ein herrlicher Tag, und ich soll gehen. Aber was liegt an unserem Leben, wenn wir es damit schaffen, Tausende von Menschen aufzurütteln und wachzurütteln."(Sophie Scholl, am Tag ihrer Hinrichtung, 22. Februar 1943) 

Am 18. Februar vor genau 75 Jahren wurde das Geschwisterpaar Hans und Sophie beim Auslegen von Flugblättern in der Ludwig- Maximilians- Universität München von deren Hausmeister Jakob Schmidt überrascht und bei der Gestapo denunziert. Die beiden gehörten, wie allseits bekannt sein sollte, der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" an, die gewaltfrei das NS-Regime bekämpfte, indem sie mit insgesamt sechs Flugblätter von zuletzt bis zu 9000 Exemplaren versuchte, Aufklärung zu betreiben. Darüber hinaus bemalten die Mitglieder der Widerstandsgruppe in nächtlichen Aktionen öffentliche Fassaden in München mit Parolen gegen Hitler und die NS-Herrschaft. 

Bereits wenige Tage später, am 22.2. 1943 wurden die Geschwister Scholl und ihr Freund Christoph Probst von den Nazis hingerichtet. Es folgten weitere Verhaftungen und Hinrichtungen von Mitgliedern der "Weißen Rose" und Verhaftungen von Sympathisanten. Ganz so wie das üblich ist in Terrorregimen, in denen Kritiker brachial mundtot gemacht werden, damit sich kein weiterer Widerstand bilden kann. 

Die 21 jährige Sophie Scholl sagte am Tag ihrer Hinrichtung "So ein herrlicher Tag, und ich soll gehen. Aber was liegt an unserem Leben, wenn wir es damit schaffen, Tausende von Menschen aufzurütteln und wachzurütteln". 

Als ich diese Worte vor Jahrzehnten das erste Mal kurz vor meinem Abitur las und zwar im Rahmen der Recherche zu einer Jahresarbeit, deren von mir gewähltes Thema "Der Widerstand in der NS-Zeit" war, hatte ich den Eindruck, dass dieser teuflische Spuk sich nicht mehr wiederholen könne in unserem Land, dass nun alle wachgerüttelt waren, denn der Zeitgeist war damals sozial-liberal und  speziell junge Leute waren enorm freiheitsliebend und neugierig auf alles Fremde. 

Unvorstellbar war, dass irgendwann eine rechts-populistische Partei bei einer Umfrage 15% der Stimmen erhalten würde, unvorstellbar auch,  dass ausgebildete Menschen mittleren Alters plötzlich wieder Fremdenhass schürten, ganz so wie Nationalisten der Großelterngeneration es auch schon vor der Machtergreifung  der Nazis im Jahre 1933 taten.

Bei der Reichstagswahl 1928 hatte die NSDAP 2,6% der Stimmen,  zwei Jahre später waren es schon 18.3% wiederum zwei Jahre später waren es 37.3% und 1933 im Jahr der Machtübernahme waren es 43,9%. 

Die rechts-populistische AfD hatte zum Vergleich  im Jahre 2013 4,7 % der Stimmen und bei der Bundestagswahl 2017 schon  satte 12,6%. Wenige Monate später, jetzt im Februar werden ihr bereits 15% der Stimmen zugeordnet und wenn nun nicht massiv Aufklärung betrieben wird und auf die Veränderungen des Arbeitsmarktes durch die Digitalisierung jetzt blitzschnell reagiert wird, werden wir in Kürze ähnliche Verhältnisse in diesem Land haben wie zu Ende der Weimarer Republik. Um dies festzustellen, muss man kein Prophet sein.

Hört man sich die jüngsten rassistischen Reden einiger AfD-Poliker an, wird sehr schnell klar, dass nun wirklich umgehend etwas getan werden muss, denn es handelt sich nicht um bloße verbale Entgleisungen, sondern offenbar um Strategien, Unfrieden zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer oder religiöser Herkunft zu säen und das war einst bei den Nazis auch gängige Methode.

Wo soll der neuerliche Fremdenhass dieses Mal enden? Wieder in Konzentrationslagern? Was geschieht, wenn die AfD einen weiteren Stimmenzuwachs zu verzeichnen hat? Werden dann in Deutschland Andersdenkende auch wieder verfolgt? Wird es eine neues Geschwisterpaar Scholl geben, das  man wegen gewaltfreiem Widerstand  brutal hinrichtet?

Ich befürchte das genau dies geschehen wird, wenn man jetzt dem rechts-populistischen Treiben nicht kategorisch Einhalt gebietet.


Helga König


1 Kommentar:

  1. Ein guter Artikel, der auch meinen Nerv trifft...
    Dabei wegzuschauen, wie sich aus der AfD eine nationalsozialistische Partei neueren Zeitgeistes entwickelt, wäre absolut perfide und unverantwortlich. Dies macht Ihr Artikel besonders deutlich. Ich will nicht Zeugin sein bei etwas, das ich zu negieren imstande bin!

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