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Sonntag, 10. Dezember 2017

Sonntagskolumne Helga König, 10.12.2017

"Alles beginnt mit der Sehnsucht." Nelly Sachs (10.12.1891-12. 5.1970) 

Nelly Sachs, die Verfasserin obiger Sentenz, entstammt einer jüdischen Familie. Die deutsch-schwedische Schriftstellerin erhielt 1966 gemeinsam mit Samuel Joseph Agnon – den Nobelpreis für Literatur "für ihre hervorragenden lyrischen und dramatischen Werke, die das Schicksal Israels mit ergreifender Stärke interpretieren". Bereits ein Jahr zuvor wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.* 

Seit ihrem 17. Lebensjahr schrieb Nelly Sachs Gedichte und konnte 1921 mit Unterstützung des Schriftstellers Stefan Zweig ihren ersten Gedichtband unter dem Titel "Legenden und Erzählungen" veröffentlichen. Um der Inhaftierung in ein Konzentrationslager zu entkommen, floh die Lyrikerin mit ihrer Mutter 1940 nach Schweden, wo sie zeitweilig als Wäscherin arbeitete, um zum gemeinsamen Lebensunterhalt beizutragen. 

In ihren lyrischen, dramatischen und erzählerischen Arbeiten schrieb die Nobelpreisträgerin über das Schicksal des jüdischen Volkes. Dabei ist ihre Lyrik sehr bildreich, rhythmisch bewegt und von tiefem Gefühl getragen. 

Gestern Abend noch twitterte ich zwei ihrer Sentenzen, die m. E. miteinander korrespondieren: 

"Wer im Dunklen sitzt, zündet sich einen Traum an."

"Alles beginnt mit der Sehnsucht."

Wikipedia definiert: "Sehnsucht (mhd. "sensuht", als "krankheit des schmerzlichen verlangens"[1]) ist ein inniges Verlangen nach einer Person, einer Sache, einem Zustand oder einer Zeitspanne, die/den man liebt oder begehrt. Sie ist mit dem schmerzhaften Gefühl verbunden, den Gegenstand der Sehnsucht nicht erreichen zu können."**

Die Portugiesen kennen den Begriff "Saudade". Dabei handelt es sich um eine bestimmte Form des Weltschmerzes, der in den "Fados" besungen und der von Sehnsucht gespeist wird. 

Wenn Situationen keinen Raum mehr für Hoffnung lassen, so wie dies einst in Konzentrationslagern für die dort Inhaftierten zumeist der Fall war, dann bleibt nur noch die Sehnsucht, der Traum also, den man im Dunkeln anzündet. Er verursacht Schmerz und lässt das reale Dunkel und die Ängste, die dies auslöst, für eine gewisse Zeit vergessen. 

Unerträgliche reale Situationen lassen sogar Todessehnsucht entstehen, sei es, um einem geliebten, verstorbenen Menschen nachzufolgen oder um Ausweglosigkeiten, welcher Art auch immer, zu entkommen. 

Menschen, die bei allem Realismus es schaffen, die Hoffnung nicht aufzugeben, können sich vor der Todessehnsucht bewahren. 

Sehnsucht, wenn sie nicht Todessehnsucht wird, kann allerdings ein Motor für viel Neues werden. So begann Nelly Sachs in dem Augenblick Gedichte zu schreiben als sie als Siebzehnjährige unglücklich verliebt war. 

"Alles beginnt mit der Sehnsucht" ist die erste Zeile eines Gedichtes von Nelly Sachs, das dem Leser verdeutlicht, das "Sehnsucht" letztlich darauf abzielt, das göttliche Licht zu finden und sich dadurch in Sicherheit zu wissen, egal was geschieht. Das göttliche Licht allein zeigt uns den Weg aus der Dunkelheit. 

Sehnsucht
Alles beginnt mit der Sehnsucht,
immer ist im Herzen Raum für mehr,
für Schöneres, für Größeres –
Das ist des Menschen Größe und Not:
Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe.
Und wo Sehnsucht sich erfüllt,
dort bricht sie noch stärker auf –
- Fing nicht auch Deine Menschwerdung, Gott,
- mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an?
So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,
Dich zu suchen,
und lass sie damit enden, 
Dich gefunden zu haben.***

Heute am 2. Advent brennen zwei Lichter symbolisch am Adventskranz  Sie erinnern uns  an das göttliche Licht, das alles zu erhellen vermag, selbst das tiefste Dunkel.

Helga König

*Wikipedia: Nelly Sachs
**Wikipedia: Sehnsucht

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