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Samstag, 12. Dezember 2015

#Helga_König: #Sonntagsgedanken, 13.12.2015

Zu Beginn dieses Jahres realisierte ich ein Interview mit der Buchhändlerin #Helga_Weyhe auf "Buch, Kultur und Lifestyle". Die rüstige Dame hat jetzt am Freitag ihren 93. Geburtstag gefeiert. Wie sie mir am Telefon berichtet hat, arbeitet sie noch immer in ihrer Buchhandlung in Salzwedel, deren 50 jähriges Inhaber-Jubiläum sie in diesem Jahr feiern durfte. Allerdings wurde die Buchhandlung vor 175 Jahren bereits gegründet. 

Man kann nur hoffen, dass das Fernsehen den 93. Geburtstag der ältesten Buchhändlerin Deutschlands zum Anlass nimmt, das Kulturgut "Buchhandlung" in den Mittelpunkt zu rücken, denn Buchhandlungen sind die Oasen des Geistes, speziell in Innenstädten, die bekanntermaßen immer mehr veröden.  

Salzwedel befindet sich in Sachsen-Anhalt, 44 km vom Uelzen entfernt und zählt rund 24 000 Einwohner. Von 1263 bis 1518 war diese Stadt Mitglied der Deutschen Hanse. Dieser Tatsache ist es geschuldet, dass Salzwedel seit 2008 den Namenszusatz "Hansestadt" tragen darf. 

Dem Telefonbuch kann man entnehmen, dass der Ort über insgesamt drei Buchhandlungen verfügt, die mit dem großen Onlinehändler, der vor einigen Jahren aus dem Nichts auftauchte, in unerquicklicher Konkurrenz stehen. Einfach werden diese Buchhandlungen es gewiss nicht haben, durch die dramatisch veränderte Marktlage.  24 000 Einwohner sind nicht die Welt.

Helga Weyhe, Ehrenbürgerin von Salzwedel, zählt zu den Menschen, die selbst im hohen Alter ein selbstbestimmtes Leben führen, indem sie nicht nur ihre Buchhandlung selbstständig betreibt, sondern auch ihren Privathaushalt eigenständig führt. 

Für die Hanseatin sind alte Kaufmannstugenden nicht nur Pflicht, sondern auch Kür und wie für alle kleinen, mittelständischen Betriebe der nachhaltigste Trumpf in der Hand, dem der Hai aus Übersee wenig entgegenzusetzen hat. Kaufmannstugenden sind dort augenscheinlich kein wirkliches Thema, denn bei ihm zählt offenbar einzig die Gier, immer mehr Dollars anzuhäufen. Reisen ins All haben eben ihren Preis... 

Seit dem 12. Jahrhundert wurde in Europa das Leitbild des "#Ehrbaren_Kaufmanns" in Kaufmannshandbüchern gelehrt und war das angesagte Verhaltensmuster im Städtebund der #Hanse. In der Neuzeit dann gab es eine Vielzahl praktischer Regeln für Kaufleute, die die Basis für Geschäftserfolg darstellten. Dazu zählten nicht zuletzt  Verhaltensmuster wie etwa Vertrauen zu schaffen, Toleranz, Friedensliebe, Höflichkeit, Klugheit, Ordnung, Kulturförderung und kaufmännische Solidität. Zu dieser gehört u.a. Pünktlichkeit, Wahrhaftigkeit, Treue und Ehrlichkeit.*

Pünktlichkeit allein also, macht demnach noch keinen ehrbaren Kaufmann aus. 

Neuerdings lassen sich nicht mehr so viele potentielle Buchkäufer durch den Bequemlichkeitsfaktor und die zugesagte Pünktlichkeit abwerben, weil der persönliche Kontakt, die erwähnten Kaufmannstugenden und das Gewissen gegenüber dem nach Luft japsenden Mittelstand an Gewicht gewinnen. 

Wer weit entfernt von Großstädten lebt, sollte Buch-Bestellungen direkt bei Verlagen vornehmen oder sich informieren, ob der örtliche Buchhändler zwischenzeitlich parallel zu seinem Ladengeschäft einen Internet-Shop betreibt, anstelle besagten mondsüchtigen Hai immer fetter zu machen. Auch Verlage und kleine Online-Shops liefern rasch, so meine Erfahrung.

Ein intensiveres Miteinander von Offline-Buchhändlern und Verlagen ist seit einiger Zeit erkennbar. Das finde ich sehr lobenswert, denn dies hat in diesem Jahr zu veränderten Zahlen im Offlinebuchhandel geführt.  Es ist eine kluge Strategie, die sicher auch in anderen Branchen Schule machen wird und letztlich die einzige Chance darstellt, den Mittelstand nicht noch weiter auszuhebeln, zugunsten einiger Milliardäre, die im Internet sichtbar eng zusammenarbeiten und sich die Bälle dreist zuspielen. 

Der Großmannssucht einiger weniger Unternehmen entgegenzuwirken, heißt keineswegs rückwärts gewandt zu sein, sondern lebenswerte Innenstädte auch für Folgegenerationen im Auge zu haben, in den Menschen Einkäufe tätigen und sich anschließend zu einem Cappuccino  oder einem Glas Wein mit Freunden treffen können und das tun, was das Menschsein ausmacht: Miteinander reden.

Angst vorm Älterwerden hängt mit Vereinsamung zusammen, die in einer Welt ohne Marktplätze und Cafés oder Bistros sich extrem verstärken wird. Das sollten alle bedenken, auch bei ihren Weihnachtseinkäufen jetzt. Bewusstsein ist gefragt.

Die Buchhändlerin Helga Weyhe ist ein Beispiel dafür, dass Kompetenzen, die man sich im Laufe seines Lebens erworben hat, im Alter noch vielen Menschen helfen können, wenn man ihnen die Plattform nicht entzieht.

Helga König

*vgl Wikipedia

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