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Samstag, 15. Juli 2017

Helga König: Sonntagskolumne, 16.7.2017

In meiner Kolumne in der vergangenen Woche habe ich mich mit den Krawallen in Hamburg anlässlich des G20 Gipfels befasst. Zwischenzeitlich ist in der deutschen Medienlandschaft viel über diese Ereignisse geredet und geschrieben worden. 

Um zu verstehen, weshalb der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach die Diskussionsrunde bei Maischberger empört verließ, habe ich mir den entsprechenden Clip jetzt mehrfach angeschaut. Verstanden habe ich sein Verhalten noch immer nicht. Begriffen habe ich auch das latent- sehr aufgebrachte Gebaren des CDU-Politikers Joachim Lenders nicht und empfand seine für jeden hörbare Bemerkung "Dummes Gesabbel" als beleidigend. Wieso hat Frau Maischberger hier den Diskussionsteilnehmer nicht abgemahnt? Das hätte man von ihr erwarten können.

Man muss nicht Jutta Ditfurths Position vertreten, wenn man ihr aufmerksam zuhört, um zu begreifen, weshalb nach ihrer Beobachtung es zu den gewaltsamen Ausschreitungen in Hamburg kam. Ditfurth kennt die Szene seit Jahren und beurteilt diese aus soziologischer Sicht. Hört man ihren Aussagen genau zu, so wird deutlich, dass die Gewalt sich offenbar schrittweise aufgebaut hat und vermutlich im Anfangsstadium zu wenig für die Deeskalation getan wurde. 

Dass einige Polizisten offenbar auch Journalisten, die über die Vorgänge vor Ort berichten wollten, tätlich angegriffen haben, zeugt von mangelnder Gelassenheit einzelner Polizisten und vor allem von einer Personalschulung, die diskutiert werden muss. Choleriker sollten nach meiner Ansicht bei solch sensiblen Einsätzen außen vor bleiben, weil das Eskalieren einer Situation dadurch vorprogrammiert ist. 

Schuldzuweisungen an die Politiker hörte man in der Runde ebenfalls. Sie kamen von dem Journalisten Hans-Ulrich Jörges. Doch sein Ansatz löst das Problem nicht. Sofern hier jemand zu Rechenschaft gezogen werden muss, sind es die Randalierer, aber auch die Polizeiführung, die die Lage falsch eingeschätzt hat. Wenn Vermummte aus ganz Europa anrücken, um Randale zu machen und man das im Vorfeld weiß, muss man dafür sorgen, dass man die potenziellen Täter zuvor abfischt und ihnen das Recht verwehrt, an friedlichen Demonstrationen teil zu nehmen. Das gebieten kluge, präventive Maßnahmen.Wer Vermummungsutensilien und Eisenstangen im Gepäck hat, wird nachhause geschickt und so vor der eigenen Kriminalisierung geschützt.

80 Tausend friedliche Demonstranten wurden von etwa 1200 Randalierern in ihrem Recht, friedlich zu demonstrieren gestört. Vermummte aus ganz Europa marodierten brandschatzend tagelang durch Hamburg und schadeten nicht zuletzt den Bürgern dieser Stadt. Dass sich alle vernünftig denkenden Menschen von diesen Rechtsbrechern nachhaltig distanzieren, versteht sich von selbst, aber es steht auch außer Frage, dass nicht nur diese Rechtsbrecher, sondern auch Polizisten bei Amtsmissbrauch zur Rechenschaft gezogen werden müssen.

Mit dem Politiker Herrn van Aken teile ich die Meinung, dass man Gipfeltreffen an überschaubarere Orte verlegen sollte, allein schon um die Verkehrsnetze nicht über Gebühr zu belasten. Nicht alles ist dem Bürger zumutbar. 

Meinen Eindruck, dass Wolfgang Bosbach die Kritik Jutta Ditfurths am Verhalten übergriffiger Polizisten, die sie gegenüber Bosbachs Parteifreund Joachim Lenders (Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hamburg) äußerte, spontan zum Schweigen bringen wollte, werde ich allerdings nicht los. 

Nach meiner Ansicht hätte Ditfurth sich viel klarer von den kriminellen Handlungen des Schwarzen Blocks und Lenders sich dezidierter von übergriffigem Verhalten von Polizisten distanzieren müssen. Das hätte das Diskussionsklima verbessert.

Wer deeskalieren möchte, auch bei zukünftigen Veranstaltungen, muss die Akteure beider Seiten der Barrikaden ganz genau unter die Lupe nehmen und darf sich keine Denkverbote auferlegen. Hier helfen nur schonungslose Analysen.

Frau Maischberger hat sich zwischenzeitlich bei Jutta Ditfurth in der FAZ dafür entschuldigt, dass sie die Soziologin aus der Sendung verweisen wollte, nachdem Wolfgang Bosbach den Raum verließ und damit den Fortgang der brisanten Diskussion aushebelte.

Was lief verkehrt in Hamburg? Die Frage wurde nicht ausreichend geklärt. Leider. Aber vielleicht war es genau das, was man in der Diskussion beobachten konnte. Zuhören und sich kultiviert zu verhalten, schadet nie. 

Helga König

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