Impressum

Das Impressum finden Sie auf der Hauptseite von "Buch, Kultur und Lifestyle- Das Magazin für den anspruchsvollen Leser" wwww.rezensionen.co

Sonntag, 28. April 2019

Sonntagskolumne Helga König, 28.4.2019

Die Schwedin Alice Marianne twitterte vor ein paar Stunden ein Werk des Malers und Illustrators #Norman_Rockwell (*3. Februar 1894 in New York; †8. November 1978 in Stockbridge, Massachusetts). 

Der Titel des Bildes lautet "Girl Running with Wet Canvas". Gemalt hat es der amerikanische Künstler im Jahr 1930. Da ich über Norman Rockwell bislang nichts wusste, habe ich mich zunächst auf die Schnelle bei Wikipedia über ihn informiert und bei Google Bild einige seiner Werke angeschaut. 

Im Zeitraum von 40 Jahren hat Rockwell insgesamt 322 Titelbilder für die Wochenzeitschrift "Saturday Evening Post" kreiert und allein schon deshalb einen hohen Bekanntsheitsgrad in den USA erlangt. 

 Norman Rockwell | 1894-1978
Girl Running with Wet Canvas | 1930
Bildnachweis: https://twitter.com/_Emmet_Emmet
Mir geht es bei meiner heutigen Kolumne nicht darum, mich mit der Biografie des Künstlers zu befassen oder darüber zu befinden, ob viele seiner Bilder tatsächlich kitschig waren oder aber auch nicht, sondern ich möchte mich nur mit dem geposteten und hier eingebundenen Bild beschäftigen, das mich spontan sehr angesprochen hat und dazu bewegte, inne zu halten und mich mit der Geschichte, die das Motiv erzählt, ein wenig zu befassen. 

Wir sehen eine junge Frau mit Nickelbrille, vermutlich eine Kunststudentin, deren farblich wunderbar aufeinander abgestimmte Kleidung und die Schuhe auf die Jahreszeit verweisen, die auf ihrem gemalten Bild, das sie in der rechten Hand trägt, dokumentiert wird. Es ist Frühling. 

Die junge Frau hatte sich schon am Vormittag mit ihrem Malzeug und der Staffel für die Leinwand in die Natur begeben, weil sie das Blütenmeer in hellen Farben festhalten wollte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich schon vorgenommen auf die Farbe Grün fast völlig zu verzichten, um auf diese Weise intensiv dem Licht zu huldigen, ganz so wie es einst die Impressionisten vor ihr taten. 

Norman Rockwell verrät durch die Rocklänge und die Frisur der jungen Malerin, dass  sie wenige Jahre  vor dem 1. Weltkrieg das Licht der Welt erblickte, in einer Zeit vollkommen anderer Stilrichtungen also aufwuchs.

Der Betrachter (m/w) vermutet vielleicht, dass die Künstlerin sich nun zu Anfang ihres Studiums in einzelnen Stilrichtungen üben wollte, um diese inhaltlich und von den Farben her im Detail besser nachvollziehen zu können und beginnt sich in die junge Frau und ihr Bild hineinzuversetzen.

Der zunächst sonnige Frühlingstag schien wie geschaffen für ein impressionistisches Bild, auf dem Azur und Weiß als Farben dominieren, unterbrochen von nur wenigen helllindgrünen Flächen. Das Werk war bereits vollendet als die junge Frau von einem Regenschauer überrascht wurde, denn wie man sieht, gibt es auf ihrem Gemälde noch keine grauen Wolken. 

Vielleicht wollte die Malerin ihr Werk noch ein wenig trocknen lassen und betrachtete es - in Künstlerträumereien versunken- verliebt, weil es ihr stilistisch sehr gut gelungen war. Damit konnte sie sich an der Kunstakademie sehen lassen.

Träumen kann gefährlich werden, wenn man dabei das, was um einen herum geschieht, vergisst. 

Als die junge Frau den Regen auf ihren Händen spürt, ist sie endlich erwacht und läuft mit der nassen Leinwand in ihrer rechten Hand im Eilschritt nach Hause, in der Hoffnung ihr Werk retten zu können. Ob es ihr gelungen ist, wissen wir nicht. 

Was wir aber  wissen,  ist, dass Norman Rockwell es für sie rettete,  indem er es in die Geschichte der jungen Künstlerin, die er auf seinem Werk erzählt, verewigt hat und sich auf diese Weise als Menschenfreund outet. 


Helga König

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen