Impressum

Das Impressum finden Sie auf der Hauptseite von "Buch, Kultur und Lifestyle- Das Magazin für den anspruchsvollen Leser" wwww.rezensionen.co

Samstag, 17. Dezember 2016

Helga König: Sonntagskolumne 18.12.2016

Angeregt durch das Buch "Rivalen, die es (so) nicht mehr gibt- Leidenschaftliche Duelle unserer Jugend",  das ich heute Morgen rezensiert habe, twitterte ich den Gedanken "Der Mensch mutiert heute offenbar zum einsamen Konsumenten eines ständig wachsenden Bergs des nutzlosen Vielerleis", mit dem ich meine Rezension beendet habe. 

Einer meiner Follower assoziierte meine Überlegung mit einer Erkenntnis von #Sokrates, der vor rund 2500 Jahren schon meinte: "Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf." 

Seit den Zeiten dieses Philosophen sind wir als Konsumenten bei Weitem einsamer geworden und der Berg des nutzlosen Vielerleis ist beträchtlich gewachsen. Wir können mit bloßem Auge dessen Spitze nicht mehr erkennen. Sie soll aus einem wiederverwertbaren Material angefertigt worden sein, postete kürzlich jemand begeistert in die soziale Netzwerke und strafte die Realität Lügen.

Das World Wide Net bietet utopisch viele Dinge an, derer wir nicht bedürfen und liefert eine Unzahl zwischenmenschlicher Kontaktangebote, auf die wir oftmals besser nicht zurückgreifen sollten, um uns Kummer oder Ärger zu ersparen. 

Die Flut an Möglichkeiten, Kontakte zu Mitmenschen herzustellen, überfordert uns, auch wenn wir nach herkömmlichen Vorstellungen von unserer Persönlichkeit her als flexibel gelten. 

Die Fülle an Warenangeboten im Internet, bewirkt eine Überdrüssigkeit an fast allen Dingen, sobald man deren Beliebigkeit erkannt hat. Alles erscheint austauschbar. Weder zu Menschen noch zu Dingen kann unter diesen Umständen noch eine persönliche Beziehung aufgebaut werden. Diese Gegebenheit in den sozialen Netzwerken zu beobachten, schult den Realitätssinn im Hinblick auf unsere Welt der Anhäufung des nutzlosen Vielerleis. 

Es ist die Beliebigkeit, die allem den Wert nimmt und damit auch die Wertschätzung. 

Was benötigt ein Mensch, um sich wohl zu fühlen? Woran haben wir Freude? Was bestaunen wir gerne? 

Es ist vermutlich all das, was jenseits von Vermassung entsteht. Vor allem sind es Menschen, die wir als "echt" begreifen, die eine Persönlichkeit besitzen und sich beliebiger Aussagen verweigern. 

Einer meiner Facebook-Freunde ist der begnadete Aphoristiker #Ernst_Ferstl. Er postete vor einigen Stunden den Satz: "Zum Glücklichsein gibt es einen Universalschlüssel: die Dankbarkeit." 

Die Dankbarkeit vermindert sich in dem Maße wie die Beliebigkeit wächst. Das ist das Problem des Konsumenten von Menschen und Dingen in unserer Zeit, der in seiner Einsamkeit nach immer mehr Beliebigkeit Ausschau hält und sich an nichts mehr erfreuen kann, außer an abgeschmackter Sentimentalität in der Vorweihnachtszeit, wie sie uns täglich in tausend Sprüchen und Bildern entgegen gebracht wird.

Was erreicht und berührt uns wirklich?

Wenn Sokrates am 4. Adventswochenende auf den virtuellen Weihnachtmarkt des Hier und Heute blickt, wird er vermutlich tief durchatmen und sagen: "Ich liebe es, dass meine Freunde zu mir kommen, wenn sie unglücklich sind."

Helga König

Samstag, 10. Dezember 2016

Helga König: Sonntagskolumne, 11.12.2016

"Glück ist, was Lächeln macht, was Angst, Sorge, Ungewissheit vertreibt und inneren Frieden schenkt." (Albert Einstein)

Walter E. Becks Gemälde mit dem Titel "Aufgang" visualisiert unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs Aufgang und lädt zum Meditieren ein. Inhalt der Meditation könnte obiges Zitat von Albert Einstein sein. 

Vertieft man sich etwas länger in das Bild, so ist es nicht ausgeschlossen, dass man der Abstraktion plötzlich Gegenständliches entnimmt. Den weißen Aufgang im Vordergrund des Bildes könnte man problemlos als verschneite Himmelsleiter interpretieren, an deren Ende wir einen glühenden Himmelskörper erblicken, der für das Göttliche in uns steht.  Zu diesem gehört all das, was uns inneren Frieden schenkt und uns im tatsächlichen Sinne glücklich macht. 

Was könnte dies anderes sein als die unverbrüchliche Liebe zu allem, was ist? 

 +++ AUFGANG +++ 
120 x 100 mixed media
 © walter e. beck
Dem Lateiner kommt möglicherweise bei der Betrachtung  von "Aufgang" der Satz "Per aspera ad astra" ("Durch das Raue zu den Sternen")  in den Sinn, wenn er den beschwerlich zu gehenden Weg und die rotglühende Verheißung dort sieht. 

Ein Lächeln, das von Herzen kommt, erhellt das Gesicht eines Menschen und verändert seine Aura. Ein solches Lächeln entsteht nur, wenn tatsächliche Freude im Spiel ist, die dann aufkommt, wenn beispielsweise eine Arbeit gelingt oder auch wenn wir sehen, dass andere glücklich sind. 

Heiteres Kinderlachen löst ein freudiges Lächeln am einfachsten aus.  Es kann aber auch ein Satz wie "Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken"* sein, der uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert, weil wir uns hier an der Poesie von Worten erfreuen können und erahnen, dass es letztlich die Fantasie ist, die das Leben lebenswert macht. 

Lächeln entspringt innerer Wärme, entspringt dem Licht in uns, das durch Liebe gespeist wird. 

Tiefe Angst, Sorge und Ungewissheit entstehen, wenn wir den Zugang zum Göttlichen in uns verloren haben, wenn wir nicht mehr lieben können, weil Selbstsucht und Gier uns daran hindern, wenn tief in uns Einsamkeit und damit Dunkelheit herrscht. 

Lächeln ist ein Ausdruck von innerem Frieden und es ist vor allem der für jeden erkennbare Ausdruck des Lichtes in uns. 

Grimassen, die ein Lächeln suggerieren sollen, offenbaren die innere Leere von Menschen, die im Egomodus leben und deshalb nicht dorthin gelangen können, wo die rotglühende Verheißung uns Erfüllung des Ersehnten schenkt. 

Um Glück zu erleben, müssen wir lieben lernen. Nicht grundlos sagt Hermann Hesse "Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich."

Walter E Beck, der von mir sehr geschätzte Maler und Friedenaktivist, zeigt uns allen mit seinem Werk "Aufgang"  wie wir dorthin gelangen, wo das Glück wohnt: Über einen äußerst beschwerlichen Aufgang. Dies aber sollte uns nicht verunsichern.  Gehen wir ihn einfach und warten, was geschieht...

Helga König

*Albert Einstein


Samstag, 3. Dezember 2016

Helga König: Sonntagskolumne 4.12.2016

"Man sollte immer ein wenig unwahrscheinlich sein" Oscar Wilde 

In Zeiten des Internets wird es vordergründig immer schwieriger obigem Anspruch Oscar Wildes gerecht zu werden. Nie zuvor haben wir die Chance besessen, eine solche Vielfalt an Charakteren kennen zu lernen, sowie Begabung und Können aber auch Spleens anderer Menschen zu studieren als heute, ohne dabei groß recherchieren zu müssen.

Nicht wenige User des Internets sind bemüht, vieles von sich und ihrer Lebenswelt preis zu geben. Dadurch werden die Menschen zwar nicht wirklich berechenbarer aber vielleicht ausrechenbarer als Konsumenten. Sind trotzdem immer noch Überraschungen möglich? 

Wer es schafft, bei allem stets aufs Neue ein wenig unwahrscheinlich zu sein, kann nicht eingepasst werden in Schablonen, die Bewerter sehr gerne zücken, wenn sie einen Menschen von seiner Persönlichkeit her verschubladen oder wenn Rattenfänger diesen Menschen alles Mögliche andrehen wollen.

Widersprüchlichkeiten in unseren Interessen oder Neigungen sorgen stets dafür, schnell an den Pranger gestellt zu werden. Grautöne sind verdächtig. Ein Intellektueller darf nicht genießen und ein Genussmensch kann nicht intellektuell sein. "Was nicht sein darf, das nicht sein kann", resümiert Christian Morgenstern in einem seiner Gedichte. 

So denken viele, die sich ihren Vorurteilen verpflichtet fühlen und eigentlich nicht überrascht werden wollen. 

Das Unwahrscheinliche nicht als Geheimnis für sich zu behalten, sondern es öffentlich zu zelebrieren,  bedingt nicht selten viel Mut, kann provozierend sein, dabei allerdings einen unabhängigen, intelligenten Akteur gewiss amüsieren. 

Wie gehen Betrachter mit geoutetem Unwahrscheinlichem um, Unwahrscheinlichem, das keineswegs spektakulär sein muss? 

In vielen von uns ruhen vermeintliche Unwahrscheinlichkeiten, die unsere Eigentlichkeit ausmachen und Ursache für Höhen und Tiefen in unserem Leben sind. Das Unwahrscheinliche kann eine Besonderheit unserer hellen aber auch dunklen Seite sein. Das gibt es dabei zu bedenken.

Das Unwahrscheinliche an Oscar Wilde war meines Erachtens nicht das Zusammenspiel seiner vielen Begabungen, sondern die Leichtfertigkeit, mit der er alles aufs Spiel setzte und es an einen vermeintlich Unwürdigen vergeudete. Genau das macht ihn aber zu einem der großen Liebenden, der nicht grundlos dort ruht, wo auch Pierre Abelard und Heloise einem anderen Leben entgegen schlafen.

Wir lernen Oscar Wilde zu begreifen, wenn wir nachstehende Sentenz  von ihm lesen:

"Wenn uns Liebe geschenkt wird, so sollten wir wissen, daß wir ihrer gänzlich unwürdig sind. Niemand ist würdig, geliebt zu werden. "   

Helga  König