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Sonntag, 26. März 2017

Helga König: Sonntagskolumne, 26.3.2017

"Niemand lernt jemals jemanden kennen. Wir sind alle zu lebenslänglicher Einzelhaft in unserer Haut verurteilt." (Tennessee Williams)

Der amerikanische Dramatiker Tennessee Williams wurde heute vor 106 Jahre geboren. Er ist u.a. Autor des berühmten, mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Theaterstücks "Die Katze auf dem heißen Blechdach", das unter der Regie von Richard Brooks 1958 verfilmt wurde und sich mit psychischen Deformationen von Menschen befasst. Dazu zählt auch Kommunikationsunfähigkeit. Genau die Schräglage also, die zum Inhalt obiger Aussage führt. 

Je mehr wir bereit sind, uns offen und ohne Berechnung anderen gegenüber zu zeigen und verbal zu äußern, umso eher sind andere in der Lage uns kennenzulernen. "Lebenslängliche Einzelhaft in unserer Haut" hat viel mit mangelnder Selbstsicherheit und mit Schüchternheit zu tun. Die dadurch entstehenden Kommunikationsdefizite können  in die Depression treiben. Nicht wenige Menschen mit Kommunikationsblockaden werden körperlich krank oder nehmen sich sogar das Leben. 

Was ist daran so schwierig, seine Meinung zu unterschiedlichen Sachverhalten höflich zu bekunden und was macht es schwer, über unsere Vorlieben oder auch über das zu sprechen, was wir nicht mögen? Ist es die Angst, nicht zu genügen? Fast scheint es so. 

Dieser Tage war Ingrid van Bergen bei Markus Lanz in der Talkshow. Die einst weltberühmte Schauspielerin erschoss 1977 ihren Geliebten im Affekt und wurde zu 7 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Sieht man sich auf Youtube das Interview von Markus Lanz und Ingrid van Bergen an, so wird klar, dass die Aussage des Dramatikers nicht für alle gilt. 

Die mittlerweile 85 jährige Schauspielerin ist weder schüchtern, noch mangelt es ihr an Selbstsicherheit, noch hat sie Angst nicht zu genügen. Sie sagt, was sie denkt  und fühlt und akzeptiert dadurch, dass man sie kennen lernt. 

Ingrid van Bergen lässt ihre Mitmenschen nicht im Ungewissen wie sie zu ihrer damaligen Tat steht und versucht, keinen Dritten dafür verantwortlich zu machen. Man lernt sie glaubhaft als eine Person kennen, die sich mit ihrer Tat intellektuell und emotional auseinandergesetzt hat und die sich nicht verzeiht, sich rechtzeitig abgegrenzt zu haben, weil das geschehene Drama ab einem bestimmten Zeitpunkt vorhersehbar war, wie sie sagt. 

Dramen vorhersehen zu können, heißt Kränkung und Schmerz nicht zu verdrängen,  heißt auch zu verzichten und unter Umständen einen disziplinierten Schlussstrich zu ziehen, um Gefühle nicht weiter hochkochen zu lassen. 

Kränkung führt dazu, möglicherweise früher oder später auszurasten und rational nicht mehr gegen steuern zu können. Über Gefühle zu sprechen und unsere Kränkungen zu benennen, ohne zu lamentieren, das ist Stärke. 

Sich nicht verstanden zu fühlen, hängt viel auch davon ab, sich nicht konkret zu artikulieren. Keiner von uns allen ist Hellseher. Deshalb  brauchen wir Informationen, um zu begreifen. 

Lug und Betrug macht Menschen kirre, speziell jene, die zur Offenheit neigen. Von daher müssen sich gerade offene Menschen von Lügnern und Betrügern abgrenzen, weil Dramen ansonsten vorprogrammiert sind. Das gilt nicht nur für das Privatleben. 

Helga König

Samstag, 18. März 2017

Helga König: Sonntagskolumne, 19.3. 2017

"Der europäische Pulsschlag soll allenthalben wieder spürbar werden!" (Pulse of Europe)

In den sozialen Netzwerken hat man Gelegenheit, sich mit den Accounts von "Pulse of Europe" (siehe Twitter und Facebook) zu verlinken und auf diese Weise täglich für den Fortbestand der Idee Europas zu werben. 

Wer oder was ist "Pulse of Europe"

Die überparteiliche, unabhängige Bürgerinitiative  "Pulse of Europe" wurde 2016 in Frankfurt/ Main von den Rechtsanwälten Daniel und Sabine Schröder gegründet. Nicht zuletzt wegen des EU-Austritts des Vereinigten Königreichs und des vermehrten Auftretens rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien, ist es ihr Bestreben, diese unsägliche Entwicklung durch eine pro-europäische Bewegung zu stoppen. 

Die 10 Grundthesen der Bürgerinitiative lauten: 
1. Europa darf nicht scheitern 
2. Der Friede steht auf dem Spiel 
3. Wir sind verantwortlich 
4. Aufstehen und wählen gehen
5. Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit sind unantastbar 
6. Die europäischen Grundfreiheiten sind nicht verhandelbar 
7. Reformen sind notwendig 
8. Misstrauen ernst nehmen 
9. Vielfalt und Gemeinsames 
10. Alle können mitmachen – und sollen es auch. 

Auf der Homepage von "Pulse of Europe" werden diese Thesen näher erläutert: 

Überall in Europa schließen sich seit ihrer Gründung Menschen dieser Bewegung an, gehen mit Europafahnen und Luftballons jeden Sonntag auf die Straße und bekunden friedlich ihr JA zu Europa. 
  
Auf diese Weise wird sichtbar, dass es neben destruktiven eine Vielzahl bislang ungehörter anderer Stimmen gibt, die nun  immer lauter werden.

Ziel von "Puls of Europe" ist: "So viele Menschen wie möglich in Europa zu versammeln, die für Europa einstehen und so dazu beitragen, dass nach den Wahlen pro-europäische Kräfte mehrheitsfähig regieren können. So können wir über viele Orte eine Menschenkette durch Europa bilden, die die Länder miteinander verbindet." (Pulse of Europe)

Die Friedenssehnsucht der Europäer ist uralt. Viele Schriften wurden und werden zum Thema Frieden verfasst, wobei das wichtigste Ziel zumeist selbstverständlich der Weltfriede ist. 

Reflektiert man die Entwicklung, so tritt der Zusammenhang zwischen Frieden und europäischem Aufbauwerk eindeutig erkennbar hervor. 

Wer dauerhaft Frieden möchte, sollte sich also der Idee Europas anschließen und diese in die Welt tragen, denn Europa ist die Wiege der Demokratie und Demokratie der Garant für Freiheit, Vielfalt Toleranz und damit für Frieden. 

Die Redaktion von "Buch, Kultur und Lifestyle" begrüßt die Aktivitäten und Ziele der Bürgerinitiative "Puls of Europe" sehr und fühlt sich mit all jenen, die sich  für ein demokratische Europa entschieden haben, eng verbunden.

Helga König

vgl: Wikipedia

Sonntag, 12. März 2017

Helga König: Sonntagskolumne, 12.3.2017

"Ehrlich und herzlich den gelten lassen, der uns nicht gelten lässt – höchste Noblesse!" (Freifrau von Ebner- Eschenbach)

Unter dem Namen, "De Echte" twitterte heute eine Userin obiges Zitat und fügte folgende Empfehlung hinzu: "twittern wie Ebner- Eschenbach" 

Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach (1830-1916) war eine österreichische Schriftstellerin, die zumeist in Wien lebte. Dass sie eine führende Persönlichkeit im 1891 von Arthur Gundaccar von Suttner gegründeten österreichischen "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" war, spricht ebenso für sie, wie ihr lebenslanger Kampf für Sittlichkeit und Humanismus. 

Herzensadel kommt nicht von Ungefähr. Er hat mit Erziehung, mit Bewusstseinsbildung, mit Achtung seiner Mitmenschen und anderem mehr zu tun. Sich täglich darin zu üben, andere gelten zu lassen, in Diskussionen nicht persönlich verletzend zu werden, auf Augenhöhe zu kommunizieren, sind gute Maßnahmen, um Friedfertigkeit voranzutreiben. 

In dem oben angeführten Zitat spricht Ebner- Eschenbach den sogenannten Herzensadel an, d. h., genau jene Eigenschaft, die Menschen davor bewahrt, zu Rüpeln oder verbalen Nachtretern zu werden. 

Seit Internetzeiten haben wir Gelegenheit jene Leute genau zu studieren, die mobben, stalken oder trollen und haben zudem eine Vielzahl von Erfahrungen sammeln können wie wir auf solche Personen am klügsten reagieren. 

Wer sich intensiver mit dem Thema befasst hat, erkennt, dass all jene, die uns nicht gelten lassen wollen, unseren Selbstwert in Fokus haben. Sie wollen ausloten wie verletzbar wir sind, wollen den wunden Punkt finden, um gnadenlos "zuzuhauen". Das schafft ihnen Befriedigung. Dabei müssen solche Zeitgenossen uns noch nicht einmal persönlich kennen. Ihr Problem sind nicht wir, sondern solche Leute stehen sich selbst im Weg.

Wir wissen mittlerweile, dass es zumeist zutiefst frustrierte Menschen sind, die im ewigen Vergleich leben, den sich nicht aushalten und deshalb einen Feldzug gegen all jene führen, denen sie mit Neid begegnen. 

"Ehrlich und herzlich den gelten lassen, der uns nicht gelten lässt" ist überhaupt nicht schwierig, wenn  man sich  nicht abhängig macht, von Entwertungsversuchen durch Dritte. 

Menschen, die im Destruktionsmodus leben, brauchen professionelle Hilfe. Ihre Rüpeleien sind letztlich Hilfeschreie, weil sie nicht den richtigen Weg finden,  mit ihren Mitmenschen ins Gespräch zu kommen. Im Grunde sind es sehr vereinsamte Leute, denen der Zugang zum Du verstellt ist. Ihre Tarnkappen verdeutlichen wie feige sie sind, zu dem zu stehen, was sie Dritte entwertend in die Welt twittern.

Es ist nicht immer ganz einfach, gelassen zu bleiben, wenn jemand extrem verbal keult, doch es lohnt sich, Ruhe zu bewahren, weil wir uns dann nicht auf die Ebene der Destruktivität begeben, die Entwertern zwar Befriedigung, jedoch keinen Erkenntnisgewinn bringt.


Helga König

Samstag, 4. März 2017

Helga König: Sonntagskolumne, 5.3.2017

"Vom Schlechten kann man nie zu wenig und das Gute nie zu oft lesen: Schlechte Bücher sind intellektuelles Gift; sie verderben den Geist. Um das Gute zu lesen, ist eine Bedingung, dass man das Schlechte nicht lese: denn das Leben ist kurz, Zeit und Kräfte beschränkt." (Arthur Schopenhauer). 

Der Philosoph Arthur Schopenhauer (1788- 1860) schloss die Bewegung des deutschen Idealismus ab und gilt zugleich als Hauptvertreter des Pessimismus. 

Das obige Zitat des Privatgelehrten habe ich dieser Tage auf Twitter gelesen und frage mich seither, ob ich zustimmen kann. 

Schopenhauer lebte in einer Zeit, wo der Anteil der Lese- und Schreibkundigen noch gering war. Erst um 1860 kam es zu einer Wende. Wer lesen und schreiben konnte, war allerdings noch lange kein Bildungsbürger, d.h., ein Mensch, der wie Arthur Schopenhauer der Bildungsschicht angehörte und insofern humanistische Bildung sowie Literaturkenntnisse sein eigen nannte. 

Die Anzahl der publizierten Bücher war noch überschaubar und insofern konnte man sich einfacher als heute einen Überblick verschaffen, vermochte möglicherweise dem kleinen Kreis von Rezensenten, die neue Publikationen beurteilten, eher vertrauen als heute der Masse an Möchtegernkritikern und sich somit sogenanntes "intellektuelles Gift" ersparen. 

Doch was mag "intellektuelles Gift" für Leser wie Schopenhauer gewesen sein? Wovor hatte er Angst? Um dies auszuloten, müsste man all seine Texte und zudem seine Biografie gelesen haben. Hier muss ich passen. 

Wie muss der Geist eines Bildungsbürgers beschaffen sein, der glaubt, durch die Lektüre eines Buches intellektuell verunreinigt  zu werden? 

Was  könnte  den Geist von Lesern heute vergiften? Die Fülle von Ratgeberliteratur? Seichte Krimis oder noch seichtere Liebesromane? Stilistisch einem Kopfzerbrechen bereitende Philosophiebücher? Bedenkliche politische Schriften von ideologischen Vordenkern des rechten oder linken Lagers? 

Der Geist kann, sofern er kritisch und ausgereift ist, m. E. intellektuell nicht vergiftet werden. Wer inneren Abstand zur Lektüre hält, mit der er sich befasst, wird durch jedes Buch einen intellektuellen Mehrwert verzeichnen können, weil man durch alles, auch durch das handwerklich oder inhaltlich Bedenkliche, lernt. 

Sich Leseverbote aufzuerlegen, aus Angst zu verblöden oder bildungsbürgerlicher ausgedrückt "intellektuell vergiftet" zu werden, zeugt von mangelnden Selbstvertrauen in die eigene Denkfähigkeit.  

Wer wie Schopenhauer in den Kategorien "gut" und "schlecht" denkt, wertet. Seit den Zeiten der Internetbewertungsportale hat Werten einen inflationären Charakter angenommen und sich damit mittlerweile ad absurdum geführt, auch wenn sich dies noch nicht überall herumgesprochen hat.  

Bei der Fülle von Büchern, die jedes Jahr veröffentlicht wird, greift selbst ein sachkundiger Leser hin und wieder daneben und erwischt ein Buch, das ihm keine neuen Erkenntnisse schenkt. Ist ein solches Buch deshalb schlecht? 

Bücher erscheinen uns dann wenig interessant, wenn sie einen geistigen Reifegrad anpeilen, den wir bereits durchlaufen haben oder von dem wir noch Lichtjahre weit entfernt sind. 

Entscheidend ist der Erbauungs- oder Erkenntnisgewinn eines Buches, dessen Höhe durch jeden Leser individuell bestimmt wird. Insofern gibt es kein generell gutes oder schlechtes Buch. Werturteile sind subjektiv und bleiben es bis in alle Ewigkeit.

Was anzustreben ist, sind aufgeklärte Leser, denn diese können von ideologisch bedenklichen Büchern intellektuell nicht vergiftet werden, zudem werden solche Leser durch seichte Liebesromane auch keineswegs zu sentimentalen Heulsusen gemacht. 


Helga König