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Samstag, 30. Dezember 2017

Sonntagskolumne Helga König, 31.12.2017

"Nichts unter der Sonne hat Bestand." Jakob Fugger 

Mit großem Interesse habe ich dieser Tage den 2 teiligen TV- Weihnachtsfilm "Die Puppenspieler" gesehen, dessen zentrale Figur Jakob Fugger, der Reiche ist. Über ihn habe ich in der Vergangenheit einige Bücher gelesen und war neugierig, wie viel von der realen Gestalt des großen Kaufmanns in der Filmstory Platz gefunden hat. 

Albrecht Dürer hat den Augsburger Patrizier einstmals porträtiert. Das Gemälde sah ich im Original 2002 auf einer Ausstellung in Wetzlar und konnte mich von dem Porträt nicht lösen. Gut eine halbe Stunde stand ich davor und versuchte diesen Menschen, so wie er war, zu erfassen. Seine Augen faszinierten mich. Sie waren nicht nur klug, sondern schienen sich zu seinen Lebzeiten pausenlos bewegt zu haben. Man spürt, dass dieser Mann alles erfasste, dass er einfach unbeschreiblich intelligent war. 

Der Film wurde nach dem gleichnamigen historischen Roman von Tanja Kinkel gedreht und wartete mit hochkarätigen Schauspielern auf,  unter ihnen Herbert Knaup, der Jakob Fugger darstellt und seine Rolle so gut spielt, dass man meinen könnte, es handele sich tatsächlich um den Mann, den Dürer einst portiert hat. 

Erstaunlich ist, wie viele historische Fakten der Film enthält, ohne dass diese in den Mittelpunkt der Handlung gestellt wurden. Dieser Platz ist offenbar den fiktiven Teilen des Films vorbehalten, denn sie bestimmen  letztlich den Lauf der Dinge.

Da ist zum einen die konvertierte, schöne Muslimin,- Fuggers einstige Geliebte- , die als Hexe verbrannt wird und zum anderen eine hübsche Zigeunerin, der ein ähnliches Schicksal droht. Beide verkörpern das Fremde, das vehement bekämpft wird, übrigens  in allen Jahrhunderten, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln. 

Hexenverbrennungen waren zu Zeiten Fuggers allerorten an der Tagesordnung. Sie in einem TV- Weihnachtsfilm zu thematisieren,  ist wirklich mutig, denn es sind Dominikanermönche, die den Hexenwahn  in "Die Puppenspieler" anzetteln. Es sind also Kirchenmänner. Doch mache man sich bewusst, es waren nicht alle so. Es waren die Psychopathen und Soziopathen unter ihnen. 

Dass verdrängte Sexualität den Menschen psychisch krank machen kann, weiß man heute. Damals wusste man es vermutlich nicht und erkannte auch nicht die Ursache der Projektionen, denen man ohnehin, sofern man sie überhaupt zur Kenntnis nahm, keinen Wert beimaß. 

Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass Jakob Fugger die Hexenverbrennungen grundsätzlich ablehnte, denn er war ein Mann der Vernunft und besaß ein ausgeprägtes ethisches Bewusstsein. Letzteres wird nicht nur in seinen sozialen Projekten, wie etwa der Fuggerei deutlich, sondern in seinen gelebten Kaufmannstugenden. Nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg  bedarf der Fairness. Das beweist das Beispiel Jakob Fuggers.

Fugger war gläubig und genau das hat ihn nicht hochmütig werden lassen. Ihm war bewusst, dass er mächtig und reich war, jedoch von Gottes Gnaden und ihm war es vor allem wichtig, keinem zu schaden. Das sagt er immer wieder, wie historische Überlieferungen zeigen.

Ein Neoliberaler wäre aus ihm niemals geworden.

Jakob Fugger war ein Visionär, kein Puppenspieler, wohl aber ein Drahtzieher, einer der wusste, dass man mit Geld fast alles bewegen kann, aber eben nicht alles.

Bleibt noch festzuhalten: Die fiktiven Teile haben dem Film  nicht geschadet.  Im Gegenteil. Sie sind ein legitimes Mittel  Spannung und Emotion zu erzeugen, nicht nur an Weihnachten.

Helga König

Samstag, 23. Dezember 2017

Helga König: Sonntagskolumne, 24.12.2017

Vor einigen Stunden postete ich zwei Tweets. 

Sie lauten: 

"Die Grundbedingung ein Menschenfreund zu sein, besteht darin, anderen nicht schaden zu wollen. Würde jeder diese Grundbedingung erfüllen, wäre selbst der Klimawandel kein Problem mehr."

"Der meiste Schaden wird Dritten nicht durch Bosheit, sondern durch Habgier zugefügt."

Ab 1.1.2018 wird es eine neue Rubrik im Onlinemagazin “Buch, Kultur und Lifestyle“ geben. Sie heißt: "Interviews: Begegnungen mit Menschenfreunden im Netz.

Erste Gespräche haben bereits stattgefunden. Diese Interviews werden dann am Neujahrstag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ähnlich wie andere Textbeiträge von "Buch, Kultur und Lifestyle" werden auch diese Interviews immer wieder in die sozialen Netzwerke gepostet, damit möglichst viele Leser neue Impulse erhalten, wie man ein sinnstiftendes Miteinander entwickeln oder optimieren kann. 

Geplant ist, das ganze Jahr über Menschenfreunde im Netz ausfindig zu machen, Sie nach ihrem Engagement in Sachen Mitmenschlichkeit zu befragen und auf diese Weise immer facettenreicher aufzuzeigen, wo überall Handlungsbedarf besteht und welche positiven Ideen es bereits gibt, die darauf warten, flächendeckend umgesetzt zu werden. 

Der konfessionelle Hintergrund eines Interviewpartners spielt bei der Befragung keine Rolle, ebenfalls nicht die nationale Zugehörigkeit und angedacht auch ist, dass  meine Gesprächspartner mit Menschenfreunden, die sie kennen, spezifische Interviews realisieren, die dann ebenfalls in die Rubrik eingebunden werden. Die Vernetzung aller, die guten Willens sind, ist ein angestrebtes Ziel.

Zu Beginn des Jahres 2017 habe ich ein Interview mit dem Autor Jürgen Schöntauf über sein sehr empfehlenswertes Buch "Sinnstifter" realisiert und durch ihn die "Wertekommission" kennengelernt, mit dessen Vorstandsvorsitzenden Sven H. Korndörffer ich einige Monate später ebenfalls ein Gespräch führen konnte, das auch auf "Buch, Kultur und Lifestyle" veröffentlicht worden ist. 

Schaut man etwas genauer hin, so stellt man fest, dass allerorten soziale Strukturen entstehen, mittels derer Menschenfreunde Veränderungen herbeizuführen suchen, die ein sinnstiftendes Miteinander in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft fördern. 

Gerade vor einigen Tagen habe ich mich mit dem "Club of Hamburg" verlinkt, der sich für einen nachhaltigen Geschäftserfolg durch ethisches Handeln einsetzt und auf Facebook sind viele Benediktiner (m/w) sehr engagiert, um den christlichen Wert der Mitmenschlichkeit täglich  für jeden begreifbar zu vermitteln. 

Die fortschreitende Digitalisierung macht es notwendig, intensiv über Wirtschaftsethik  öffentlich  zu sprechen und sich darüber klar zu werden, dass das Verdichten von Kapital in den Händen weniger zu Machtmissbrauch, zur  Zerstörung der Umwelt und zur Verelendung großer Teile der Menschheit führen kann, wenn Habgier keinen Transformationsprozess durchläuft. 

Solche Prozesse entstehen selbst bei hartgesottenen Egoisten, wenn der Zeitgeist sich ändert und sie feststellen müssen, dass ihr Handlungsspielraum immer enger wird. Damit der Zeitgeist sich ändert, müssen neue, attraktivere Ideen kommuniziert werden. Genau das ist der erklärte Zweck, der noch kleinen neuen Rubrik, die sehr rasch Fahrt aufnehmen wird, wenn alle am gleichen Strang in die gleiche Richtung ziehen und die heißt: Verwirklichung eines sinnstiftenden Miteinanders. 

Allen ein freudvolles Weihnachtsfest wünscht 

Helga König

Samstag, 16. Dezember 2017

Sonntagskolumne Helga König: 17.12.2017

Wie lernen Kinder unterschiedlicher Ethnien und  Gesellschaftsschichten am besten ein sinnstiftendes Miteinander? 

Indem sie miteinander spielen und voneinander lernen, am besten bereits im Kindergarten und im gemeinsamen Unterricht an Grundschulen. 

Kinder gebildeter Eltern lernen schon in den ersten Lebensjahren sehr differenziert zu sprechen und können damit leichter die Inhalte, die im Unterricht vermittelt werden, verstehen. Für Kinder aus bildungsfernen Schichten wird die Sprache selbst dann, wenn sie hochintelligent sind, zur schwer überwindbaren Barriere. 

Leider genügen der Unterricht in der Schule sowie das Lesen von Büchern für schichtenspezifisch gehandicapte Kinder nicht, um schon in jungen Jahren das Sprachniveau von Mädchen und Jungs aus gebildeten Schichten zu erlangen. Es ist also notwendig, dass die Kinder aus unterschiedlichen Schichten viel miteinander sprechen, damit die sprachlich Benachteiligten spielerisch den "elaborierten Code" einüben können. 

Der Nachwuchs aus gehobenen Bildungsschichten erhält die unbezahlbare Erfahrung zurück, dass ihr familiärer Status auch ein anderer hätte sein können und nicht Hochmut, sondern Dankbarkeit sie durch ihr Leben begleiten sollte. Die dünkelfreie Haltung, die aus dieser Erkenntnis erwächst, macht die Menschen sympathisch.

Selbstsüchtige Eltern, die ihren Elitestatus ihren Nachkommen problemlos sichern möchten, werden alles unternehmen, um die schichtenbedingte Sprachbarrieren unüberwindbar zu machen und werden deshalb weiterhin ihre Kleinen ermahnen "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder !". 

Solche Eltern gehen auf die Barrikaden, wenn das Lernziel "Solidarität" heißt, weil sie befürchten, dass ihren Nachkommen intellektuelle Konkurrenz erwächst. 

Noch hysterischer reagieren diese Eltern, wenn im Klassenverband ihrer Kleinen sich Migrantenkinder befinden. Dann sind sie in ihrer latenten Fremdenfeindlichkeit davon überzeugt, ihre Nachkommen würden dadurch verdummen und dazu noch sprachlos werden. 

So aber ist es nicht!

Je unterschiedlicher Menschen sind, umso mehr lernen sie voneinander,  besonders wenn man ihre Neugierde fördert. 

Wer die Gesellschaft nicht spalten möchte und wer daran interessiert ist, dass sich begabte junge Menschen, gleichgültig welcher schichtenspezifische oder ethnische Hintergrund vorliegt, später mal in unsere Gesellschaft einbringen, wird keine Probleme damit haben, allen Kindern faire Chancen einzuräumen und wird nicht der absurden Idee verfallen, dass Menschen verblöden, wenn sie von Kind an mit der Gesellschaft, wie sie sich strukturell tatsächlich zeigt, konfrontiert werden, sondern wird den frühen, für das weitere Leben vorteilhafte  Erfahrungszuwachs sofort sehen. 

Das Bildungsniveau aller wird erhöht, wenn die Tagesschule ab der 1. Klasse Pflicht wird und Kinder aus bildungsfernen Schichten oder anderen Ethnien zusätzlichen Sprachunterricht erhalten. 

Zum Bildungsniveau gehört aber auch das Miteinander. Menschen, die andere ausgrenzen wollen, verfügen selbst, wenn sie 100 Bücher und mehr gelesen haben, weder über Herzensbildung noch über ein akzeptables intellektuelles Niveau. 

Eliten, die sich abschotten möchten, sind zum Untergang geweiht. Das zeigt die Geschichte immer und immer wieder. Aus der Vergangenheit zu lernen,  heißt deshalb, Wege des Miteinanders zu suchen. Sprachbarrieren in der frühen Kindheit schon abzubauen, scheint mir dabei eine sinnstiftende Maßnahme zu sein. 

Helga König

Sonntag, 10. Dezember 2017

Sonntagskolumne Helga König, 10.12.2017

"Alles beginnt mit der Sehnsucht." Nelly Sachs (10.12.1891-12. 5.1970) 

Nelly Sachs, die Verfasserin obiger Sentenz, entstammt einer jüdischen Familie. Die deutsch-schwedische Schriftstellerin erhielt 1966 gemeinsam mit Samuel Joseph Agnon – den Nobelpreis für Literatur "für ihre hervorragenden lyrischen und dramatischen Werke, die das Schicksal Israels mit ergreifender Stärke interpretieren". Bereits ein Jahr zuvor wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.* 

Seit ihrem 17. Lebensjahr schrieb Nelly Sachs Gedichte und konnte 1921 mit Unterstützung des Schriftstellers Stefan Zweig ihren ersten Gedichtband unter dem Titel "Legenden und Erzählungen" veröffentlichen. Um der Inhaftierung in ein Konzentrationslager zu entkommen, floh die Lyrikerin mit ihrer Mutter 1940 nach Schweden, wo sie zeitweilig als Wäscherin arbeitete, um zum gemeinsamen Lebensunterhalt beizutragen. 

In ihren lyrischen, dramatischen und erzählerischen Arbeiten schrieb die Nobelpreisträgerin über das Schicksal des jüdischen Volkes. Dabei ist ihre Lyrik sehr bildreich, rhythmisch bewegt und von tiefem Gefühl getragen. 

Gestern Abend noch twitterte ich zwei ihrer Sentenzen, die m. E. miteinander korrespondieren: 

"Wer im Dunklen sitzt, zündet sich einen Traum an."

"Alles beginnt mit der Sehnsucht."

Wikipedia definiert: "Sehnsucht (mhd. "sensuht", als "krankheit des schmerzlichen verlangens"[1]) ist ein inniges Verlangen nach einer Person, einer Sache, einem Zustand oder einer Zeitspanne, die/den man liebt oder begehrt. Sie ist mit dem schmerzhaften Gefühl verbunden, den Gegenstand der Sehnsucht nicht erreichen zu können."**

Die Portugiesen kennen den Begriff "Saudade". Dabei handelt es sich um eine bestimmte Form des Weltschmerzes, der in den "Fados" besungen und der von Sehnsucht gespeist wird. 

Wenn Situationen keinen Raum mehr für Hoffnung lassen, so wie dies einst in Konzentrationslagern für die dort Inhaftierten zumeist der Fall war, dann bleibt nur noch die Sehnsucht, der Traum also, den man im Dunkeln anzündet. Er verursacht Schmerz und lässt das reale Dunkel und die Ängste, die dies auslöst, für eine gewisse Zeit vergessen. 

Unerträgliche reale Situationen lassen sogar Todessehnsucht entstehen, sei es, um einem geliebten, verstorbenen Menschen nachzufolgen oder um Ausweglosigkeiten, welcher Art auch immer, zu entkommen. 

Menschen, die bei allem Realismus es schaffen, die Hoffnung nicht aufzugeben, können sich vor der Todessehnsucht bewahren. 

Sehnsucht, wenn sie nicht Todessehnsucht wird, kann allerdings ein Motor für viel Neues werden. So begann Nelly Sachs in dem Augenblick Gedichte zu schreiben als sie als Siebzehnjährige unglücklich verliebt war. 

"Alles beginnt mit der Sehnsucht" ist die erste Zeile eines Gedichtes von Nelly Sachs, das dem Leser verdeutlicht, das "Sehnsucht" letztlich darauf abzielt, das göttliche Licht zu finden und sich dadurch in Sicherheit zu wissen, egal was geschieht. Das göttliche Licht allein zeigt uns den Weg aus der Dunkelheit. 

Sehnsucht
Alles beginnt mit der Sehnsucht,
immer ist im Herzen Raum für mehr,
für Schöneres, für Größeres –
Das ist des Menschen Größe und Not:
Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe.
Und wo Sehnsucht sich erfüllt,
dort bricht sie noch stärker auf –
- Fing nicht auch Deine Menschwerdung, Gott,
- mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an?
So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,
Dich zu suchen,
und lass sie damit enden, 
Dich gefunden zu haben.***

Heute am 2. Advent brennen zwei Lichter symbolisch am Adventskranz  Sie erinnern uns  an das göttliche Licht, das alles zu erhellen vermag, selbst das tiefste Dunkel.

Helga König

*Wikipedia: Nelly Sachs
**Wikipedia: Sehnsucht

Samstag, 2. Dezember 2017

Sonntagskolumne Helga König: 3.12.2017

"Eine Gesellschaft braucht aber Normen und Spielregeln, ohne einen ethischen Minimalkonsens kann sie keinen Bestand haben." Vorwort zu "Macht und Moral" Marion Dönhoff, 2000 

An diesem Wochenende habe ich mich entschieden, ein Zitat von Marion Gräfin von Dönhoff, einer der bedeutendsten Publizistinnen der bundesdeutschen Nachkriegszeit,  meiner Sonntagskolumne voranzustellen, weil Gräfin Dönhoff  am 2.12. vor 108 Jahren geboren wurde und ich die Bücher, die diese große Ostpreußin geschrieben hat, allen, die sie noch nicht kennen, zu lesen empfehlen möchte.

Wir leben in Zeiten, in denen Regelbrüche immer häufiger als Glanzleistungen verkauft werden, weil man sie als Mittel betrachtet, um seine egoistischen Ziele rascher und erfolgreicher durchsetzen zu können. 

Wer Spielregeln einhält und insofern fair spielt, wird nicht selten in Familien, in der Wirtschaft und auch in der Politik feststellen, dass er dadurch das Nachsehen hat. Das liegt nicht an den Spielregeln, sondern einzig an den selbstsüchtigen Falschspielern, die sich nicht um diese Regeln scheren und andere bewusst täuschen, um "ihr Ding" widerstandslos durchziehen zu können.

Sich unethischen Gegebenheiten anzupassen, bedeutet an der Verkommenheit und Dekadenz der Gesellschaft mitzuarbeiten, gleichwohl dadurch ein materiell oder ansonsten irgendwie angenehmeres Leben führen zu können, so beispielsweise nicht verlacht und ausgegrenzt zu werden. Der vermeintlich Dumme wird von unfairen Zeitgenossen stets verhöhnt, weil man ihn so demütigen möchte und er wird zu guter Letzt dann sogar  als "Spielverderber" angeprangert. Das macht es nicht gerade attraktiv, fair zu bleiben.

Man muss sehr stark und innerlich gefestigt sein, wenn man sich zu einem unverbrüchlichen NEIN zu unethischem Treiben entschließt und geht besser zeitig seiner Wege, bevor man sich an brachialen Egotrippern aufreibt, die als Mitglied unethischer Gruppierungen zumeist am längeren Hebel sitzen. 

Gräfin Dönhoff hat Recht, wenn sie schreibt, dass eine Gesellschaft, ohne ethischen Minimalkonsens keinen Bestand hat. Die nationalsozialistische Gesellschaft hat dies sehr deutlich bewiesen. Wie schon erwähnt, auch Familien ohne ethischen Minimalkonsens zerbrechen, weil sie zu Orten perversen Hauens und Stechens verkommen. Genau dies geschieht in jüngster Zeit immer häufiger wie man allgemein beobachten kann. 

Wer allerdings "Nach-mir-die Sintflut" denkt, dem ist es eben einerlei, was nach ihm sein wird. Er versucht zu seinen Lebzeiten möglichst straflos alle Spielregeln zu brechen, wenn dies nützlich für ihn sowie die Seinen ist und fordert Einhaltung von Normen immer für dann ein, wenn sie ihm Schutz bedeuten. 

Der Neoliberalismus hat die alte Verkommenheit der Nazi-Zeit wieder gesellschaftsfähig gemacht. Was dies zu bedeuten hat, erleben wir täglich. Wir sollten uns auf ein gemeinschaftliches NEIN zu Norm- und Regelbruch in demokratischen Gesellschaften einigen und uns stattdessen für faire Normen und Spielregeln stark machen, als jenen das Feld zu überlassen, die uns abermals ins Chaos zu stürzen suchen. Dann brauchen wir auch nicht unsere Koffer zu packen, weil Terror das Leben  vor Ort unerträglich gemacht hat.


Helga König