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Mittwoch, 30. November 2016

Helga König: Sentenzen November 2016

Man gewinnt Freiheit, wenn man vermeintlich verlorener Zeit nicht  mehr nachtrauert. Alles hat Sinn. Auch wenn wir diesen nicht verstehen. 

Fleiß ist sehr wichtig im Leben. Ebenso wichtig ist es aber, darauf zu achten, dass nicht Dritte sich der Früchte des Fleißes bemächtigen. 

Junge Menschen, die der Gier verfallen sind, können ethisch nicht reifen. Das ist sehr tragisch. 

Es ist gut zu wissen, dass der Zeitgeist sich immer ändert und nichts so bleibt wie es ist. 

Der Wandel ist das Prinzip des Lebens. 

Das Spiel der Beliebigkeit ist keine gute Sache. 

Das Leben in seiner Gesamtheit bleibt uns ein Rätsel, auch wenn wir mancherlei zu enträtseln wissen.

Man wünscht sich endlose Heiterkeit. Doch das Leben lehrt uns, dass es diese nicht gibt. Die Leichtigkeit des Seins gibt es, stets nur für Momente. 

Ein untrügliches Zeichen für innere Ausgeglichenheit, ist die Lust Musik zu hören. 

Höflichkeit wird in Zeiten, in der die rüpelnde Ellenbogenmentalität Hochkonjunktur hat als Unterwürfigkeit abgemeiert. Typisch. 

Künstler brauchen Zuspruch, auch wenn sie sehr motiviert und sich ihres Könnens bewusst sind.

Menschen, die nur in Geld-Kategorien denken, können niemals begreifen, dass man einer Sache sehr engagiert sein kein. 

Gier ist keine Frage des Alters, sondern der Habsucht. 

Zuviel Trübsinn und Melancholie schadet im November. Reden wir also nicht vom Nebel, sondern erfreuen uns bunter Bilder. 

Das Böse siegt stets über das Gute, nicht weil das Gute zu schwach, sondern das Böse hinterhältig ist. Dadurch ist das Böse im Vorteil. 

Ich glaube nicht, dass am Ende unserer Tage zählt, was wir gescheffelt haben, wohl aber, was wir durch unsere Gaben anderen geben konnten. 

Herzensmenschen erkennen einander an den Gesichtszügen und dem Blick. 

Mehr Nächstenliebe und weniger Gier könnte die Welt noch vor ihrem baldigen Untergang retten. 

Es gibt eine große Anzahl sehr netter, freundlicher Menschen. An diese sollte man denken, wenn uns die Tage grau erscheinen. 

Die wichtigste und dabei schwerste Aufgabe für uns alle ist es, ein guter Mensch zu sein und es, - egal was geschieht- auch zu bleiben. 

Mangelnde tatkräftige Hilfsbereitschaft basiert auf Faulheit gepaart mit überbordendem Egoismus.

Glück empfinden wir dann, wenn unser Herz zu lächeln oder gar zu lachen beginnt. 

Nicht das Internet lässt abstumpfen im Hinblick auf Leid und Kummer unserer Mitmenschen. Es ist die Gier und der grenzenlose Egoismus. 

Musik spiegelt das Lebensgefühl einer bestimmten Zeit wieder. 

Neugierige Menschen lieben Geheimnisse, weil sie darauf brennen, sie zu entschlüsseln. 

Wann hat man ein junges Herz? Wenn man die Dinge leicht nimmt?Sich immer wieder neu verliebt?  Ein welkes Blatt uns nicht traurig stimmt? 

Träume sind zwar wichtig, aber sie sollten niemals Gegenstand unserer Hoffnung sein. 

Unser Leben ist eine Aneinanderreihung von Versuchen, die Welt zu verstehen und sich in ihr relativ frei bewegen zu können. 

Zu viel Esoterik schadet dem Verstand, zu wenig Esoterik macht blind für Anderwelten. 

Das Gefühl für Authentizität ist bei vielen Menschen sehr stark ausgeprägt. Deshalb auch schätzen sie Sentenzen von Einstein. 

Mit einem Mann wollte ich niemals tauschen. Mit einem in die Jahre gekommenen Mann schon gar nicht. 

Die zentrale Frage lautet: Was schenkt vielen Freude. Sie lautet nicht: Was schenkt vielen Spaß. 

Auf der Suche: Wonach? Stets auf der Suche nach der Poesie in klugen Worten und der Buntheit ernster Gedanken. 

Die Welt der Parallelhandlungen lässt keine Nähe mehr zu, weil wir uns auf nichts mehr wirklich einlassen. 

Die Vergänglichkeit allen Seins bedeutet für uns ein dauerndes Abschiednehmen. Insofern stimmt es, dass wahre Lebenskunst, LOSLASSEN heißt.

Sehnsucht nach Liebe macht blind für die Liebe. 

Sinnlos: Auf etwas zu warten. Notwendig: Auf Zukunft zu hoffen. Wirksam: An Zielen zu arbeiten. Über allem aber der Gedanke: Lebe. 

Jede Form von Kitsch kränkt den Kunstsinn. 

Wortkargheit kann ein Ausdruck von Weisheit sein, ist aber kein Indiz. 

Ausgrenzung ist die Schwester von Hochmut.

Es wird zu wenig stringent gedacht und zu umständlich gehandelt. Das führt zum Verlust kostbarer Lebenszeit. 

Sich an dünkelhaften Menschen abzuarbeiten, raubt uns die notwendige Kraft, um kreativ zu sein.

Hüte man sich vor entscheidungsschwachen Menschen, sie richten viel Unheil an durch Unterlassen.

Menschen wachsen an der Ablehnung durch andere, sofern sie nicht daran zerbrechen. 

Gute Antworten sind das Handwerkszeug, um Probleme aller Art zu lösen. 

Sich freuen über all jene Menschen, von denen wir uns angenommen fühlen. Freude ist die Basis für ein gesundes Leben. 

Freude entwickelt man dadurch, dass man nett zueinander ist. 

Das innere Gleichgewicht ist das Kind der Freude. Gute Gedanken sind die Basis für ein glückliches Leben.

Intellektuelle werden krank am Mangel an Freude. Führungspersonen in Wirtschaft und Politik erkranken am Mangel an Fairness.

Glücksgefühle entstehen dann, wenn wir uns im inneren Gleichgewicht befinden.

Blues ist ein Lebensgefühl, das Poesie nicht ausschließt. Im Gegenteil.

Erst der Abstand macht innere Nähe tatsächlich begreifbar.

Echte "Winner" geben niemals auf. Egal wie dick das Brett ist.

Wenn mangelnde Intelligenz sich mit Lerneifer paart, heißt das Ergebnis Formalist.

Nichts Unerträglicheres als Väter, die arrogant oder unfair zu ihren Söhnen sind. Sie wissen in ihrer Ignoranz nicht, was sie bewirken.

Menschen, die sich nicht wehren und alles erleiden und erdulden, leisten Willkür-Systemen Vorschub.

Macht hat fast immer Machtmissbrauch zur Folge.

Wichtig ist es, viel zu lernen, wichtiger noch ist es, viel zu können, denn wer viel kann, weiß sich und anderen zu helfen.

Hybris befällt nur Schwache, die an die Schalthebel von Macht gelangen.

Die Welt verändert sich nicht durch das Reden, sondern durch das Machen. Je bewusster gehandelt wird, um so besser die Ergebnisse. 

Koketterie ist ein untrügliches Zeichen für innere Leere. 
Helga König


Samstag, 26. November 2016

Helga König: Sonntagskolumne, 27.11.2016

"Ich habe keine Antworten. 
Nur viel zu wenig Zeit, 
und noch viele Fragen... 
Wollen wir tanzen? 
(Tom@maesnett)

Dieser Tage fielen mir die Worte von Tom auf der Startseite von Twitter ins Auge. Ich kommentierte: Bin fasziniert von diesem Tweet, weil er Zeitgeist mit charmanter Gelassenheit paart.

Keine Antworten mehr zu haben, auf die vielen Fragen, die sich uns allen aufgrund einer völlig veränderten Welt stellen, macht uns auf Dauer handlungsschwach. Um in die Tiefe zu denken und auf diese Weise Schwierigkeiten zu begreifen, die man nur so wirklich lösen kann, fehlt es uns an Zeit.

Die Selbstvermarktung hat alle fest im Griff, besonders jene, die intellektuell arbeiten und vormals einen Großteil ihres Lebens damit verbrachten, kluge Antworten auf politische, gesellschaftliche und damit letztlich auf philosophische Fragen zu finden. 

Gute Antworten sind das Handwerkszeug, um Probleme aller Art zu lösen. 

In unserer Zeit prasseln Informationen ohne Ende auf uns herab. Antworten sind leider selten dabei, stattdessen ergeben sich immer weitere Fragen. Statements - im Grundton von intensiver Traurigkeit   soweit das Auge reicht - sind keine Antworten auf die tatsächlichen Fragen unserer Zeit. 

Zahlreiche namhafte Intellektuelle sind depressiv geworden, erscheinen deshalb seltsam gelähmt, haben ihre Freude, ihr Lustempfinden, ihren Antrieb verloren und nicht wenige sind in diesem Jahr sogar gestorben. Die düstere Grundstimmung zieht sich durch viele ihrer Bücher, in denen man selten Antworten findet, sondern zumeist nur noch Larmoyanz. 

Nirgendwo ein: "Wollen wir tanzen?"

Doch genau diese Frage gilt es zu beantworten und zwar mit einem überzeugten  "Ja". 

Tanzen wollen heißt, sich mit der Freude zu befassen, heißt aufzustehen, sich zu bewegen, in Harmonie mit dem Gegenüber, um so neue Kraft zu entwickeln, die notwendig ist, um Antworten zu finden, keineswegs nur auf die Frage "Wie ist diese Welt noch zu retten?"

Auf den Anderen zuzugehen, ihm die Hand zu reichen, machen Anfänge oder auch Neuanfänge erst möglich.

"Wollen wir tanzen?" ist eine Frage, die impliziert, dass man für Momente bereit ist, einen gemeinsamen Traum zu leben, in dem für Konflikte kein Platz ist. 

Tanzen war noch nie eine Ablenkung, sondern stets der direkte Weg zum Gegenüber. 

Heute lautet die zentrale Frage in dieser Welt  "Wollen wir Krieg führen?"  Anstelle in intellektuelle Weinerlichkeit zu verfallen, sollten wir entgegnen "Nein, wir wollen tanzen!"

Eine Textzeile von  Leonhard Cohen bringt es auf den Punkt: "Dance me through the panic 'til I'm gathered safely." 

Genau darum geht es, wenn man die Welt, auch die eigene, kleine retten will. Man braucht Mut und innere Sicherheit. Der gemeinsame Tanz lässt diese Eigenschaften wachsen. Deshalb auch sollten wir zukünftig häufiger aufmunternd fragen:

"Wollen wir tanzen?"

Helga König

Sonntag, 20. November 2016

Helga König: Sonntagskolumne 20.11.2016

Höflichkeit wird in Zeiten, in der die rüpelnde Ellenbogenmentalität Hochkonjunktur hat,  als Unterwürfigkeit abgemeiert. Typisch. ( H.K.)

Höflichkeit ist ein Verhalten, das leider von nicht wenigen als gestrig und überflüssig abgetan wird. Es gibt mittlerweile eine Autorin, die sogar so weit geht, dieses Verhalten als ein Indiz für Unterwürfigkeit zu betrachten. Wer sich auf dem Egotripp befindet, hat offenbar keine Zeit, seine Mitmenschen zu achten und schenkt ihnen weder ein gutes Wort, noch ein Dankeschön. 

Verbale Entgleisungen und Rüpeleien aller Art müssen wir täglich erleben oder gar ertragen. Die sich immer mehr verbreitende Unhöflichkeit im öffentlichen Raum gilt mittlerweile leider schon als fast normal.  Dass die sprachliche Enthemmung im Internet ihren Anfang genommen hat, wissen wir alle. Der Zeitgeist trägt Brutalität in jeder Beziehung zwischenzeitlich wie eine Monstranz vor sich her. Wer diesen Zeitgeist verändern möchte, muss sich alter Tugenden besinnen. Hierzu zählen: Takt, Achtung, Demut, Dankbarkeit und Redlichkeit. 

Unter Fakeaccounts werden tagtäglich übelste Beschimpfungen und Hasstiraden ausgestoßen und überall auf dieser Welt Menschen verleumdet. Stalker, Mobber und Trolle werden zwischenzeitlich als Teil der Gesellschaft betrachtet, der gewissermaßen unter Naturschutz steht und rumholzen kann je nach Belieben. Weshalb ist das so?  

Ein Redakteur einer sehr renommierten, deutschen Tageszeitung verteidigte vor einiger Zeit in einem Feuilleton- Artikel die "Kampfaccounts" im Internet, gemeint waren fiese Fakeaccounts, offenbar weil man mittels diesen problemlos gegen andere zu Felde ziehen kann. Willkommen im verbalen Urzustand!

Immer wieder attackieren Redakteure der Printmedien in Artikeln das höfliche Liken und Retweeten im Internet, während ihre Brötchengeber teure Anzeigen bei Twitter und Facebook schalten, um rascher an Followers zu kommen, die dann "liken" und "retweeten" sollen. Dass dieses Verhalten schizophrene Züge dokumentiert und sehr doppelzüngig ist, muss eigentlich nicht betont werden. 

Auf Facebook  beispielsweise  gibt es große Gruppen von 10 000 und mehr Künstlern, die dort ihre Werke vorstellen. Das Liken, das einerseits ein Dankeschön an die Akteure darstellt, weil diese etwas von sich präsentieren, ist für den Künstler ein Indiz dafür, dass sein Werk gefällt und die Preisgestaltung entsprechend gehandhabt werden kann. Keiner der Künstler ist  dadurch, dass er sich für die Likes bedankt, devot, sondern er  bekundet damit  seine Höflichkeit und Achtung.

Ganz ähnlich ist es bei Musikern und Schriftstellern. Das Prinzip, dem die sozialen Netzwerke folgen ist "do ut des". Das kann nicht oft genug  betont werden.

"Pink Floyd - Shine On You Crazy Diamond 1990 Live Video" wurde bislang 11.761.267  (Stand 20.11. 2016) auf Youtube aufgerufen, aber nur 49 122 Zuhörer haben sich bedankt, sprich gelikt. 1358 Zuhörer haben das Stück abgevotet ohne Gründe zu nennen. Der Rest hat geschwiegen und gratis konsumiert. 

Wenn wir einen Youtube-Clip oder Beiträge auf Facebook und Twitter verlinken, die uns gefallen, ist das ein Dankeschön dafür, dass wir etwas gratis bekommen haben, wofür andere oft viele Stunden, Monate sogar Jahre tätig waren. 

Wenn die Gelikten sich anschließend für die Anerkennung bedanken, zeigen sie, dass sie verstanden haben, was sie ihren Leser oder Zuhörern zu verdanken haben und dass Allüren, sie noch nicht hochmütig haben werden lassen.

Wenn Politiker sich bei Ihren Wählern in den sozialen Netzwerken  nach der Wahl bedanken, sind sie übrigens auch alles andere als devot.

Es ist schon pervers, dass in einer Zeit, in der es üblich geworden ist, alles kostenlos einzusacken und nach Möglichkeit dann noch laut zu nörgeln, nun der Gebende auch noch an den Pranger gestellt und ihm Unterwürfigkeit nachgesagt wird, wenn er sich bei seinen Fans für die Likes bedankt.

Ich möchte die heutige Sonntagskolumne nicht grundlos mit einer Sentenz des Philosophen Sir Francis Bacon  beenden, über die es lohnt nachzudenken.

"Wenn ein Mensch gütig und höflich ist, beweist er, daß er ein Weltbürger ist."


Helga König

Sonntag, 13. November 2016

Helga König: Sonntagskolumne, 13.11.2016

"Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen." 

Rabindranath Tagore (1861 - 1941), in Bengali: Ravindranath Thakur, indischer Dichter und Philosoph. Nobelpreis für Literatur 1913.

In einer Zeit, in der die Egomanie immer größere Stilblüten treibt, sollte man Tagores Sentenz "Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen“ stets aufs Neue in die sozialen Netzwerke posten. Vielleicht liest der ein oder die andere dieses Zitat, denkt darüber nach und diskutiert den Inhalt mit Freunden und Bekannten. 

Wie oft hört man den Satz "Nach mir die Sintflut" und ist entsetzt, wenn man dessen Auswirkungen sieht oder gar persönlich miterleben muss. 

Woher kommt der Mangel an nachhaltigem Denken? Woher resultiert das Desinteresse an der Zukunft und der Freude anderer? 

Vielleicht an einem fehlverstandenen "Jetzt- Denken". Das Jetzt soll möglichst kommod und alles sofort abpflück- wie auch konsumierbar sein.

"Man gestaltet  keine Paradiese für Dritte in fernen Zeiten.  Wozu sollte man?" denkt der Egoist. 

Jahrelang hat die Werbung ihren Zielgruppen das Ego aufgeblasen, bis sie an nichts mehr anderes denken konnten als an sich selbst und ihre immer maßloseren Bedürfnisse, die stets rascher  und rascher befriedigt werden mussten. Alles haben wollen um jeden Preis, lässt keine zarten Pflänzchen gedeihen, an denen erst nachfolgende Generationen Freude haben. 

Dass wir alle Glied einer langen Kette sind, ob wir nun Kinder haben oder nicht, wurde vergessen in den Tagen als man die Ethikvorstellungen einiger nachhaltig denkender und handelnder Menschen als dummes Geschwätz abgetan hat. 

Alle großen Künstler schenkten durch ihre Werke Freude über ihren Tod hinaus, auch der Gärtner Le Nôtre tat es, indem er die Gärten von Versailles gestaltete.

Wer etwas von Dauer auf den Weg bringen möchte, vergisst sich bei seinem Tun selbst, ganz gleichgültig ob er intellektuell, künstlerisch oder handwerklich agiert. 

Wer sich in seinem Tun selbst vergisst, wird mit der Welt eins und erlangt inneren Frieden.  Vielleicht liegt darin der Sinn des Lebens.  Doch wen interessieren schon Sinnfragen?


Helga König.

Sonntag, 6. November 2016

Helga König: Sonntagskolumne, 6.11.2016

"Ein guter Mensch kann bekanntlich ein schlechter Künstler sein. Aber niemals wird jemand ein echter Künstler, der kein großer Mensch und daher auch kein ‚guter Mensch‘ ist." Marc Chagall

Gestern Nachmittag rezensierte ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" einen Kunstband mit dem Titel "Marc Chagall - Die Glasfenster". In diesem Zusammenhang las ich obiges Zitat des Künstlers, das ich sogleich twitterte und auf Facebook postete, um zu sehen wie einzelne Leser auf diese Aussagen des Malers reagieren.

Der erste Satz des Gedankens korrespondiert nicht mit dem zweiten, auch wenn es beim flüchtigen Lesen so scheint: "Ein guter Mensch kann bekanntlich ein schlechter Künstler sein". 

In einer humanistisch ausgerichteten Kultur wird ein Mensch dann als "gut" eingestuft, wenn seine Handlungen unter ethischen Gesichtspunkten akzeptabel sind und er sich humanistischem Gedankengut verpflichtet sieht. Wer edel und hilfreich ist, verhält sich gut.  Dies in Frage zu stellen, ist eine typische Aufgabe von Haarspaltern.

Ein Künstler wird als "schlecht" eingestuft, sofern er sein Handwerk nicht versteht. Dennoch kann er sehr erfolgreich sein, wenn das, was er auf den Weg bringt, dem Zeitgeist entspricht und seine Werke deshalb wie warme Semmeln über den Ladentisch wandern. Kurzfristiger Erfolg kommt nicht zwingend von Können, langfristiger schon eher. Der schwankende Zeitgeist kehrt früher oder später stets zur Qualität zurück. Das wissen alle, die sich mit Kunst befassen.

"Aber niemals wird jemand ein echter Künstler, der kein großer Mensch und daher auch kein ‚guter Mensch‘ ist."

Der "echte" Künstler ist nicht das Gegenteil von einem "schlechten" Künstler, denn dies ist logischerweise der "gute" Künstler.

Der "echte" Künstler ist jener, der nicht nur Kunst schafft, sondern dessen Leben Teil seiner Kunst ist. Hundertwasser, Picasso, natürlich auch Chagall und viele andere, oft unbekannte Künstler können als "echte" Künstler bezeichnet werden. Das zeigen ihre Biografien. Kunst und Leben stehen nicht im Widerspruch zueinander und weisen zumeist enorme Brüche auf. 

Der "echte" Künstler braucht natürlich eine gefestigte Persönlichkeit, weil sein Leben alles andere als beamtenmäßig verläuft und er vor allem Lebenskünstler sein muss, wenn er keine Mäzene hat. Er muss Durststrecken überstehen, darf sich nicht korrumpieren lassen, sofern er seinen eigenen Stil pflegen möchte und damit den Durchbruch erlangen will. 

Das Durchhaltevermögen, das Aushalten von Anfechtungen machen ihn auf Dauer zu einer immer gefestigteren Persönlichkeit, zu einem großen Menschen, der sich nicht weg duckt, der unbeeindruckt zu dem steht, was er denkt und fühlt. Er agiert aus seiner Mitte heraus. Genau dort ist die Liebe und das Licht lokalisiert, das man für ein ethisches  gutes Leben benötigt.

Als Beispiel für einen "echten", dazu noch handwerklich  "guten" Künstler sowie "großen" und damit ethisch "guten" Menschen möchte ich den Maler Max Liebermann nennen. 

Wikipedia schreibt: "Am 7. Mai 1933, nach dem Beginn der Gleichschaltung im Sinne der nationalsozialistischen Deutschen Kunst, legte Liebermann Ehrenpräsidentschaft, Senatorposten und Mitgliedschaft in der Preußischen Akademie der Künste nieder und erklärte in der Presse: "Ich habe während meines langen Lebens mit allen meinen Kräften der deutschen Kunst zu dienen gesucht. Nach meiner Überzeugung hat Kunst weder mit Politik noch mit Abstammung etwas zu tun, ich kann daher der Preußischen Akademie der Künste […] nicht länger angehören, da dieser mein Standpunkt keine Geltung mehr hat.“[71][72] (siehe wikipedia

Max Liebermann zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. Seine vormaligen Weggefährten mieden ihn fortan. Nur Käthe Kollwitz hielt den Kontakt zu ihm aufrecht. Auch sie war eine echte Künstlerin, besaß eine große Persönlichkeit und war ein guter Mensch wie man ihrer Biografie entnehmen kann.

Ein "echter" Künstler und ein "guter" Mensch haben eines gemeinsam, den Mut ihrem Herzen und ihrer Intention zu folgen, gleichgültig welche Nachteile dies für sie bringt. In einer Zeit wie unserer, in der nur der Vorteil zählt, haben es echte Künstler besonders schwer. Wenn sie das Wort ergreifen, droht ihnen nicht selten Unbill, denn die Unterdrücker dieser Welt haben Angst vor ihnen, weil "echte "Künstler eine innere Freiheit besitzen, die unverbrüchlich ist. Diese Tatsache macht "echte" Künstler gefährlich für all jene, die ihre Mitmenschen mit Vorliebe unterdrücken. Denn "echte Künstler" rütteln durch ihr Beispiel auf und motivieren zu passivem Widerstand. Dadurch wird der "echte Künstler" zum Vorbild für alle, die eine Welt gestalten wollen, die dem Prinzip der Fairness folgt.

Helga König

Samstag, 5. November 2016

Helga König: Sentenzen Oktober 2016

Ruhiges Nachdenken wird schwierig, wenn das Herz auf Reisen gegangen ist.

Wenn man kein Machtmensch ist, weidet man sich nicht an der Angst anderer, sondern ist betrübt, dass Angst unberechenbar und böse macht.

Das Beste, was uns passieren kann, ist mit einem Menschen voller Herzensgüte und Poesie befreundet zu sein. 

In einer Welt der Lüge und des Betrugs sehnen sich alle Menschen nach Rechtschaffenheit, auch wenn dies paradox erscheint. 

Den größten Schaden richten Rechthaber und Ignoranten an. 

Wenn unser Herz voller Trauer ist, sollten wir uns Musik in Moll nicht antun.

Es gibt viele Arten miteinander zu kommunizieren. Vielleicht ist Musik die unmissverständlichste, weil sie unser Herz erreicht. 

Jene, die die Ellenbogen benutzen, um ihre Ziele zu erreichen, sind die eigentlichen Versager einer Gesellschaft. 

Ob ein Mensch gut ist, zeigt sich in seinen Handlungen und nur dort. 

Alles ist eine Frage der Chemie. Diese Tatsache zu negieren, wäre töricht. 

Ein Gedicht darf uns niemals mehr Wert sein, als der, dem wir es widmen. 

Frei sein heißt, sich allen Zeiten und Situationen des Lebens unverkrampft zu stellen. 

Der Gedanke, nichts dauert ewig, macht gelassen. 

Wir sollten aufhören, die Jugend anzubeten. Sie ist eine Zeit der Reifung. Mehr nicht. 

Schlechtigkeit frisst den Menschen von innen auf. 

Wenn wir in Gedanken am Meer spazieren gehen, um uns der Wolkengemälde und des Wasserspiels zu erfreuen, möchten wir nur staunen. 

Dialogfähigkeit setzt voraus, dass man zuhören kann. In egomanen Gesellschaften ist dies ein großes Problem. 

Der Begriff "Kollateralschaden" beinhaltet den Versuch, Inhumanität zu legitimieren. 

Wir müssen alle mehr über die Abgründe von Menschen lernen, um rechtzeitig die Folgen zu minimieren. 

Wir sollten die Poesie in unserem Leben zulassen. Sie lässt uns die Sanftmut nicht verlieren. 

Man schätzt einen Ort umso mehr, wenn man seine Geschichte kennt. 

Perfektionismus und Besserwisserei sind ein Indiz für Intelligenzmangel. 

Man kann uns immer wieder Steine in den Weg legen, doch das kann uns nicht daran hindern, unseren Weg zu gehen, so lange wir leben.

Es gibt nichts Schöneres als mit kultivierten, herzensgebildeten Menschen ein tiefsinniges und dabei heiteres Gespräch zu führen. 

Man kann nicht immer seinem Herzen folgen, denn mitunter wird es abgelehnt. Dann muss uns der Verstand aufrichten und neue Kraft verleihen. 

Was man wissen sollte: Was vergangen ist, lässt sich nicht in die Gegenwart oder Zukunft einbinden. Vorbei ist vorbei. 

Kein Mensch kann es ertragen, nur geduldet zu sein oder als lästiges Anhängsel zu gelten. Wer Menschen achtet, achtet die gleiche Augenhöhe.

Angst macht Menschen aggressiv und unberechenbar. 

Bilder entlarven die Angst. 

Selbstbewusste Menschen agieren besonnener in Konfliktfällen.

Menschen, die auf andere zugehen können, werden im Konfliktfall nicht sofort die Keule rausholen.

Angst kann Heimtücke im Gepäck haben. 

Gleichgültig, was uns geschieht, wir dürfen nicht verhärten. Auf Hass mit Liebe antworten, darum geht es. 

Es gibt kein Optimum, keine Vollendung, keine Perfektion. Dennoch ist das, was ist, kein Stückwerk. Es ist das, was zum Menschsein passt. 

Sich von den Menschen zu trennen, die Interesse nur heucheln, ist eine Maßnahme, die uns befreit.

Leicht bildet man sich ein, andere hätten Empfindungen, die wir uns wünschen. Wir sollten unseren Einbildungen kein Gehör schenken. 

Was zählt, ist nicht der zur Realität gewordene Traum, sondern das was folgt und folgt und folgt: Das immerwährende Jetzt.

Helga König

Dienstag, 1. November 2016

Helga König: Was unterscheidet einen bezahlten Kritiker von unabhängigen Rezensenten?

Worin unterscheiden sich bezahlte Literaturkritiker im Fernsehen und in den Printmedien von unabhängigen Rezensenten im Netz? 

Literaturkritiker im Fernsehen und in den Printmedien erhalten das Pressematerial von ihren Arbeitgebern kostenfrei und werden von diesem für ihr Tun auch bezahlt. Je spitzzüngiger ein Kritiker einen Text zerlegt, umso größer wird sein Bekanntheitsgrad und seine Macht über Autoren und Verlage. 

Die Printmedien haben durch verbale Zerfleischungsakte von Büchern eine bessere Chance Werbeanzeigen von Verlagen zu bekommen und die Kritiker erhalten auf diese Weise die Möglichkeit, von Verlagen und Autoren immens hoffiert zu werden.

Krititiker im Fernsehen erlangen dadurch, dass sie das Fallbeil schwingen, Sympathie bei dem Publikum, das gebildete Menschen gerne hängen sieht,  bzw. sich an deren Absturz weidet. Das fördert die Einschaltquote. Auch in diesem Fall  wissen die Kritiker, dass ihnen überall der Teppich ausgerollt wird,  selbst wenn man sie nicht liebt, sondern sie eher zum Teufel wünscht.

Kein geistig oder seelischer gesunder, erwachsener Mensch auf dieser Welt liest ständig freiwillig Bücher, die er nicht mag und schreibt dazu auch noch üble, zeitraubende Verrisse. Es gibt interessantere Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen. 

Unabhängige Rezensenten im Netz, die nicht von zwielichtigen Marketingfirmen Geld für das Schreiben von Verrissen erhalten, lesen in der Regel Bücher, die  ihnen Freude bereiten und schreiben dann angemessene positive Rezensionen. 

Wenn Bücher, die mehrfach ausgezeichnet wurden,  von einer Armada von Pseudorezensenten verrissen werden,  steckt zumeist eine Marketingfirma dahinter, die einen Autor oder einen Verlag nötigen möchte,  Geld zu zahlen oder es handelt sich um Einzeltäter, die ihren politischen, gesellschaftlichen  bzw. persönlichen Hass abladen. Unfair sind diese Machenschaften allemal. 

Jeder einzelne betroffene Autor hat mein Mitgefühl, das möchte ich hier  nochmals betonen.

Helga König