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Samstag, 27. Januar 2018

Sonntagskolumne Helga König, 28.1.2018

"Machtbewusstsein ist fast schon ein sexuelles Gefühl." Henry A. Kissinger 

Als eine namhafte deutsche Wochenzeitschrift zu Beginn des Jahres damit begann über die Jahrzehnte zurückliegenden, mutmaßlichen sexuellen Übergriffe eines alles andere als unbekannten deutschen Regisseurs zu informieren, war ich zunächst skeptisch, denn es ist noch nicht allzu lange her, als man den Ruf eines nachgewiesenermaßen schuldlosen, prominenten Wettermannes durch Vorverurteilung zerstörte. 

Zwischenzeitlich werden im Falle der angeblichen, sexuellen Übergriffe des Regisseurs immer mehr Stimmen laut und man fragt sich wie es sein kann, dass im Laufe von rund 40 Jahren ein Verhalten wie es der promovierte Philologe immer und immer wieder an den Tag gelegt haben soll, zumindest auf Szenen-Partys nicht thematisiert wurde, weshalb Entscheider beim öffentlich- rechtlichen Fernsehen so blind gewesen sein sollen und weshalb all die Jahre nichts von allem, was man jetzt liest, an die  große Öffentlichkeit drang. 

Man fragt sich weiter, weshalb niemals hinterfragt wurde, wie dieser Mann, der seit Anfang der 1970er Jahre bis heute geradezu beeindruckend viele Auszeichnungen erhalten hat, mit seinen weiblichen Mitarbeiterinnen umgangen ist. Gemeint ist hier keineswegs "nur" die  mutmaßliche sexuelle Übergriffigkeit, sondern das gesamte angeblich rüde, wenig wertschätzende Auftreten, von dem die Presse jetzt berichtet. Wer so geehrt wird, den muss man zuvor doch ein wenig unter die Lupe genommen haben, oder? Ehre, wem sie gebührt.

Überall, wo Macht im Spiel ist, ist Machtmissbrauch möglich. Damit Missbrauch nicht stattfinden kann, bedarf es gestandener Persönlichkeiten, die sich durch Selbstdisziplin auszeichnen. Wer große Macht hat, hat, solange diese nicht brüchig ist, in der Regel Narrenfreiheit. Ursache hierfür ist  einerseits Angst und andererseits Obrigkeitsdenken.

Weil das so ist, ist es notwendig, dass Menschen in Machtpositionen immer wieder mal überprüft werden und dass man Hinweise bezüglich Machtmissbrauch von staatlicher Seite sehr ernst nehmen muss. 

Besonders erschütternd ist im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Übergriffigkeit des Regisseurs der Fall einer Schweizer Schauspielerin, die sich aufgrund der  mutmaßlichen sexuellen Übergriffe eine Halswirbelverletzung zugezogen haben soll und stark traumatisiert worden sei, schockierend dabei ist, dass der Fall gut 40 Jahre von offizieller Seite angeblich unter den Teppich gekehrt wurde. Man wusste offenbar davon und schwieg. Wieso? 

Menschen, die Macht missbrauchen, verhalten sich gerne tyrannisch und setzen Regeln des friedlichen Zusammenlebens, wenn sie können, außer Kraft. Sie versuchen all jene zu unterwerfen, die von ihnen abhängig sind. Schon Kinder wissen, was es heißt, einem Persönlichkeitsgestörten ausgeliefert zu sein. Kinderhöllen gibt es zuhauf, wie jeder weiß, der nicht blind durch die Welt läuft.

Aus einem persönlichkeitsgestörten Kind, wird leicht ein persönlichkeitsgestörter Erwachsener. Drama entsteht dann, wenn zwei Persönlichkeitsgestörte aufeinander treffen.

Wie geht man mit einem Psychopathen um? NEIN sagen und gehen, auf eventuelle Vorteile verzichten, weil die Nachteile immer überwiegen.  Mehr lässt sich hierzu nicht sagen.

 Helga König

Samstag, 20. Januar 2018

Sonntagskolumne, Helga König, 21.1.2018

Lebe so 
Als seien
Alle Tage 
Alle Stunden 
Geschenkte Zeit 
Tage 
Und Stunden 
Die du 
Zusätzlich 
Zu deiner Lebenszeit
Bekommen hast
Jeder Tag
Jede Stunde 
Ist 
Einmalig 
(Dr. Wunibald Müller) 

Diesen gedanklichen Impuls von Dr. Wunibald Müller twitterte ich heute Morgen. Er ist eine der vielen klugen Sentenzen des Tischaufstellers "Lebe jetzt, lebe heute", den ich gestern rezensiert habe und der sich sehr gut für eine kleine Meditation eignet. 

Was wäre, wenn wir zu Anfang unseres Lebens bereits wüssten, wie viele Jahre uns ganz konkret individuell zugemessen sind und was, wenn uns am Ende dann plötzlich noch einige Monate oder gar Jahre- ohne Begründung- hinzu gegeben werden würden? 

Würden wir dann die Zeit damit verbringen über Verteilungsungerechtigkeit zu lamentieren, wenn wir sehen, dass andere vielleicht mehr Lebenszeit zu Verfügung gestellt bekommen haben oder dass Einigen sogar  noch 20 oder 30 Jahre bei bester Gesundheit oben drauf gepackt wurden? 

Hätten wir, wenn uns nur knappe Zeit zugebilligt worden wäre, etwa wie dem Dichter Georg Büchner, der nur 23 Jahre alt wurde oder der Sängerin Janis Joplin, die im Alter von nur 27 Jahren verstarb, versucht, unsere Begabungen rasch auszuloten, um sie völlig intensiv zu leben und auf diese Weise ganz aus unserer Mitte heraus, jeden Tag als Geschenk zu genießen oder hätten wir sie wie ein Oblomow verplempert? 

Hätten wir plötzlich erkannt, dass Selbstdarstellung, auch pausenloses Vergleichen mit anderen uns nur kostbare Zeit für die Entdeckung und das Bestaunen der Welt raubt? 

Hätten wir viel nachhaltiger gefragt, was uns Menschen wirklich Freude bereitet? 

Vor einigen Jahren sah ich in Brügge eine alte Frau, die in ihre hochkomplizierten Klöppelarbeiten versunken war. Obgleich sie sich sehr konzentrieren musste, war ihr Gesichtsausdruck entspannt. Sie war eine Künstlerin auf ihrem Gebiet. Es bereitete Freude, ihre Arbeiten zu bewundern. Ohne Eitelkeit ließ sie dies auch lächelnd zu. Für Menschen wie sie spielt Zeit offenbar keine Rolle. 

Der Zeit zu entkommen, ist nur möglich, indem man seine Begabungen lebt, gleichgültig in welchem Metier oder aber, indem man die Welt in ihrer Vielfalt neidlos bestaunt, vor allem auch, indem man sich positiv in Gemeinschaften einbringt. Stunden mit anderen werden dann als glücklich empfunden, wenn sie harmonisch verlaufen. 

Je älter man wird und je mehr man fühlt, dass die Lebensuhr nicht ewig ticken kann, umso weniger ist man bereit, sich  in unergiebige Auseinandersetzungen verwickeln zu lassen, umso mehr schotten sich Menschen, die sich ihrer Endlichkeit bewusst werden, von Streitsüchtigen ab, wenn es irgend möglich ist. 

Jene, die sich ihrer Endlichkeit nicht bewusst werden, sogar der fixen Idee verfallen, sie könnten ewig leben, sind oft bis zum Ende ihrer Tage taktlos, unhöflich, mitunter sogar überaus beleidigend, weil sie nicht aus ihrer Mitte heraus leben. 

Sobald wir jede Stunde als einmalig begreifen, vertun wir sie nicht  durch sinnentleertes Handeln, sondern verstehen, dass es uns weit mehr gibt, einer Blume beim Wachsen zuzuschauen oder was auch immer zu gestalten, als sich auf Dinge einzulassen, die nichts als Spannung und Verdruss erzeugen. 

Sobald wir alle Tage dazu beitragen, Freude in die Welt zu bringen, wird uns das größte Geschenk, das wir bekommen können, zuteil: Innere Zufriedenheit.

Es ist der Mangel an innerer Zufriedenheit, der die Menschen zu Sklaven unerfüllter und damit vergeudeter Zeit macht, in der Konsum alles und das, was uns Menschen tatsächlich ausmacht, nichts ist. 

Helga König

Samstag, 13. Januar 2018

Sonntagskolumne Helga König, 14.1.2018

"Die Ignoranten sind die Lieblinge der Großen." Molière (14.1. 1622 – 1673) 

Der Verfasser obigen Zitates wurde vor 396 Jahren geboren. Der berühmte französische Dichter Moliere schrieb nicht nur Komödien, sondern war zudem Schauspieler und Theaterleiter. Als Sohn eines königlichen Kammerdieners besuchte er das Collége de Clermont und erhielt dort eine humanistische Ausbildung. Danach studierte er Rechtswissenschaften in Orléans und gründete als Einundzwanzigjähriger seine erste Theatertruppe. Zwei Jahre später dann war er mit einer Wanderschaupieltruppe in der Provinz unterwegs und begann die ersten Stücke zu schreiben. Im Alter von 30 Jahren wurde er Direktor dieser Truppe, die ab 1658 ständig in Paris spielte. Ein Jahr später erlangte Molière seinen Durchbruch und stand mit seiner Truppe an 1665 unter dem Schutz Ludwig XIV. 

Molière hat eine große Anzahl von Sitten- und Charakterkomödien verfasst. Dabei tragen diese überzeitliche Züge, weil sie die Missstände als Sonderform menschlicher Defekte aufzeigen. 

Molieres Satz: "Die Ignoranten sind die Lieblinge der Großen" habe ich am 13.1. 2018 getwittert, um zu sehen wie die Leser im Hier und Jetzt darauf reagieren. 

Folgende Synonyme nennt wissen.de für das Wort Ignoranz: "Unwissenheit, Unkenntnis, Ignorantentum, Nichtwissen, Unerfahrenheit, Ahnungslosigkeit, Desinformiertheit, Uninformiertheit, Dummheit, Einfältigkeit". 

Für die Mächtigen, sprich für die sogenannten Großen, mag es einfacher sein, ihren Willen durchzusetzen, wenn keine Kritik laut wird, aber sie werden auf diese Weise keineswegs klüger und vorausschauender. 

Wer sich mit Desinformierten umgibt, wird auf Dauer noch rascher unfähig, Probleme rechtzeitig zu erkennen und fährt den Karren früher oder später  zielsicher an die Wand, weil er durch nichts und niemand eingebremst wird. Beispiele gibt es zuhauf sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft und in Großorganisationen. 

Der Psychologe Heiko Ernst schreibt am 12.1.2018 in spektrum.de über Forschungsergebnisse des Sozialpsychologen Dacher Keltner:

"Mächtige verhalten sich nach Erreichen der Machtposition oft so, als hätten sie ein Gehirntrauma erlitten. Plötzlich sind alle positiv-sozialen Eigenschaften wie weggeblasen, und ein impulsives, rücksichtsloses Verhalten bricht sich Bahn. Quasi von heute auf morgen verlernen Mächtige zuzuhören, sie können sich nicht mehr vorstellen, dass andere Recht haben könnten, und sie sind blind und taub für kritisches Feedback geworden. Sie scheinen die Fähigkeit verloren zu haben, andere Menschen zu "lesen", also ihre Gesten zu verstehen, ihre Gefühle zur Kenntnis zu nehmen und richtig zu interpretieren.“ *

Und an anderer Stelle weiter: "So richtig blind und taub für die Bedürfnisse und Gefühle anderer wird man erst, wenn die Macht groß und andauernd ist – nicht das schlechteste Argument für demokratische Strukturen." **

Wenn Macht also dumm macht und Dummheit bekanntermaßen Schaden verursachen kann, dann gilt es weiterhin aufzuklären, den Mächtigen ganz genau auf die Finger zu schauen und Machtpositionen sehr stark zu befristen. 

Die Grundlage von Klugheit ist die Fähigkeit, der zielgerichteten und zielführenden Überlegung. Diese scheint Machtinhabern in ihrer Position offenbar abhanden zu kommen, wie wir nun wissen. Ignoranten spiegeln zwar vortrefflich die Ignoranz dieser Mächtigen, aber sie sind wenig hilfreich beim Überwinden von Dummheit.

Merke also: Wer aufklärt, hilft Mächtigen, sie vor dem drohenden gehirntraumaähnlichen Zustand  zu bewahren, der sich nachteilig auf uns alle auswirkt.

Helga König

*+** http://www.spektrum.de/kolumne/macht-macht-blind/1531529

Samstag, 6. Januar 2018

Sonntagskolumne Helga König, 7.1.2018

Im Zuge der Hexenverfolgung in der Neuzeit wurde rund drei Millionen Menschen der Prozess gemacht. In Geschichtsbüchern ist nachzulesen, dass bis zu 100 000 Angeklagte (m/w) hingerichtet wurden. Der Höhepunkt der Verfolgungswelle in Europa lag zwischen den Jahren 1550 und 1650. Im kollektiven Gedächtnis ist demnach 100 Jahre brutalster Terror hängen geblieben. Da dieser Terror zumeist klein geredet und niemals bewusst angeschaut wurde, bricht er stets aufs Neue hervor und trifft immer wieder Personengruppen, die in irgendeiner Form beneidet werden.

In der Nazi- Zeit waren es die Juden. Man neidete ihnen hauptsächlich ihre Intellektualität und ihre kaufmännischen Fähigkeiten. Ergebnis: Mord an 6 Millionen Menschen. 

Üble Nachrede im großen Stil ist seit es das Internet gibt nicht mehr nur Sache von bestimmten Medien, die damit Kasse machen, dass sie den Ruf von Menschen nachhaltig zerstören, indem sie diese - unbeeindruckt von den möglichen Folgen für die Angeprangerten -  durch ihr Halali  durch die Medienlandschaft treiben, sondern sie ist auch gängige Machenschaft niederträchtiger Trolle und Mobber, die vor lauter Neid und Missgunst schon lange ihr Gesicht verloren haben. 

Waren es vor einigen Jahren noch Doktorarbeiten, bei denen nach formalen Fehlern und Unregelmäßigkeiten akribisch Ausschau gehalten wurde, ist nun ein neues Feld entdeckt worden, das ganz ungemein ergiebig ist, um hier speziell Männern nachhaltig zu schaden. 

Anderen etwas anzuhängen ist ein typisches Verhalten von selbstgerechten Menschen, die sich pausenlos mit Dritten vergleichen, weil sie meinen, zu kurz gekommen zu sein. Es sind nicht die Fähigsten, die so handeln, wohl aber die Missgünstigsten und Neidischsten. 

Die #metoo – Kampagne, die nun in Deutschland angekommen ist, könnte sich zu einem ähnlichen Flächenbrand ausweiten wie einst die Hexenverfolgung in der Neuzeit. Auch wenn die angeprangerten Männer nicht auf dem Scheiterhaufen enden, ihre Karrieren allerdings werden mit Sicherheit nachhaltige Brüche erleiden. 

Dass sexuelle Übergriffigkeit geahndet werden muss, steht außer Zweifel. Problematisch wird es, wenn diesbezüglich immer mehr Namen in Medien auch den sozialen kursieren und der rechtsstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung ausgehebelt wird. Funktioniert der Karrierebruch bei einer Person mit großem Namen erst mal  für viele erkennbar, nimmt das Anprangern Fahrt auf, in unserer Neidgesellschaft ohnehin. Die Angst wird umgehen und mit ihr wird der Frauenhass  ungeahnte Blüten treiben.

Heute noch die Filmbranche, wird es morgen Männer anderer Branchen erwischen. Überall, wo Macht im Spiel ist, kann Sexualität  natürlich ein Türöffner sein. Überall, wo Macht im Spiel ist, lässt sich leicht unterstellen, dass ein Entscheider Sex bei der Vergabe von Positionen einfordert. 

Wie soll ein Angeprangerter sich wehren, wenn das Unterstellte Jahrzehnte zurückliegt? Der Vorwurf bleibt  also an ihm hängen und wird ihm schaden. 

Aus einem vermeintlichen Täter wird so eindeutig ein Opfer. 

Das Vertrauen zwischen Männern und Frauen gerät durch solche Kampagnen auf den Nullpunkt. Das sollte allen klar sein. Für ein friedliches, aufbauendes Miteinander sind solche Kampagnen ungeeignet. 

Und erfolgreiche Frauen werden in der Folge natürlich auch angeprangert, indem man ihr  fachliches Können in Frage stellt und sie zu  Betthasen degradiert.

Helga König