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Samstag, 12. Januar 2019

Sonntagskolumne, Helga König, 13.01.2019

Twittern ist ja gewissermaßen eine "Kulturtechnik". (Raimund Schöll)

Jeder, der sich im Internet aufhält, erlebt früher oder später aktiv oder passiv das rüde Verhalten von Mobbern, Stalkern, Trollen und/oder das Bashing von Personen mittels eines Shitstorms, wo labile User zumeist unter Führung eines Obermobbers ein Opfer verbal zu lynchen suchen.

Die sprachlichen Entgleisungen, die man dann im Sekundentakt nachlesen kann - oft sehr sexistisch formuliert-, die Beleidigungen, Rufschädigungen und auch Drohungen mit körperlicher Gewalt sind alles andere als bloße Kavaliersdelikte. Es sind Fanale für eine Enthemmung der dunklen Seiten schwieriger Charaktere, die sich m.E. letztlich auch in der Gewalt auf unseren Straßen niederschlägt.

All das, was im Internet seitens der Mobber, Trolle und Stalker geschieht, ereignet sich in der Regel unter dem Deckmantel von Nicknamen, weil die Akteure sehr genau wissen, dass sie strafbare Handlungen begehen, mit dem, was sie da treiben.

Sobald ein Gemobbter sich zur Wehr setzt, wird er hämisch als Jammerlappen diffamiert, nicht nur von den Mobbern, sondern oft auch von unbeteiligten Usern, die – speziell, wenn es sich um namhafte Personen der Öffentlichkeit handelt- erwarten, dass diese ohne Selbstempathie über das rüde Verhalten, das ihnen entgegengebracht wird, hinwegschauen.

Zynisch empfohlen wird ihnen dann, die Narzissmus-Anteile der eignen Persönlichkeit näher zu betrachten und an deren Auflösung zu arbeiten, anstelle wegen der Diffamierungen und Beleidigungen zu schmollen oder sich gar zu echauffieren.

Die infamen, täglichen Lügen der Nazis heizen die ohnehin nicht immer friedliche Stimmung im Netz noch mehr auf. Sobald man sich dezidiert gegen die Nazis positioniert, sei es durch bestimmte Kürzel im Profil oder aber durch Tweets, dauert es nicht lange und man hat einen dieser oft sehr geschulten Stänkerer an der Backe, der versucht, so lange zu provozieren, bis man unbedacht oder verärgert etwas sagt, das zu Sperrung des eigenen Accounts führt.

Auf diese Weise haben immer weniger Menschen Mut, offen unter Realnamen ihre Meinung zu sagen oder sich zu einem Bashing –Opfer wie im jüngsten Fall die Journalistin #Nicole_Diekmann zu bekennen. Aber es wird auch schwieriger, öffentlich Überlegungen anzustellen zu einem Video wie jenem, das den Tathergang der Gewalttat an Frank Magnitz zeigt.

Hier geht es um Gewalt auf der Straße, vermutlich politisch unmotiviert, wie sie tagtäglich geschieht und wie sie alle, die von solcher Gewalt hören oder diese auf dem Bildschirm sehen, ratlos zurück lässt.

Wegen dieser Gewalt auf der Straße die Aufrüstung der Polizei zu fordern, ist m. E. der falsche Weg, denn Gegengewalt fordert Renitenz heraus. 

Alles beginnt mit der Sprache und diese muss friedfertiger werden. Unsere Sprache verändert das Denken. Hier gilt es Mut zu zeigen, speziell  im Internet, wenn Sprachvandalen unterwegs sind.

#Raimund_Schöll twitterte heute Vormittag: "Twittern ist ja  gewissermaßen eine Kulturtechnik."

Genau so ist es. Kulturtechniken müssen erlernt werden, schon im Kindergarten, dann hören die Kinderkrankheiten wie "Bashing im Netz" endlich auf und gewiss minimiert sich auf diese Weise auch die Gewalt auf den Straßen.

 Helga König

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