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Sonntag, 11. März 2018

Sonntagskolumne Helga König, 11.3.2018

Der Zeitgeist plagt im Hier und Jetzt nicht nur die Damenwelt mit Angeboten zur Bildbearbeitung, zu Botox und Lifting. Eine ganze Reihe von männlichen und weiblichen Personen scheint ein großes Problem mit optischen Alterungsprozessen zu haben. Das darf man allein schon aus den unzähligen Fotobearbeitungen schließen, mit denen man täglich in den sozialen Netzwerken konfrontiert wird.

Hier scheint es hauptsächlich darum zu gehen, Falten und kleine Linien zu retuschieren. In welchem Maße das tatsächlich möglich ist, sieht man zumeist auf Messen oder anderen Veranstaltungen, wenn man Personen, die man zuvor nur von geschönten Fotos her kannte, dann live erleben darf. 

Auf Vernissagen und anderen gesellschaftlichen Zusammenkünften begegnet man öfter gelifteten Frauen, oder solchen, die sich ihre Falten für eine gewisse Zeit mit Botox haben wegspritzen lassen und hört sie zumeist klagen, dass etwas schief gelaufen sei. Maskenhaft sieht das Gesicht bei fast allen aus und jünger erscheint tatsächlich keine, gleichwohl gestresster und das gibt zu denken.

Woher kommt diese Angst vor Altersspuren- bei einigen schon mit 30- in unserer Gesellschaft, in der doch Menschen heute fast problemlos 90 oder gar 100 Jahre alt werden können und  bis ins hohe Alter zum Teil sehr agil sind? Müsste mit Altersspuren nicht eher kokettiert werden, wenn zugleich erkennbar ist, dass ein Mensch noch wahnsinnig fit  zu sein scheint?

Womit werden Falten assoziiert? Mit unserer Vergänglichkeit? 

Wird ein Gesicht durch Lachfalten unattraktiver? Wohl kaum. Weshalb  dann werden selbst diese  hübschen Sonnenfältchen retuschiert? Vor allem, was macht das mit Menschen, die sich im Grunde immer weniger äußerlich so akzeptieren können, wie sie gelebt haben? Macht es sie depressiv? 

Entsteht durch das Bildbearbeiten irgendwann der Wunsch durch Botox und Facelifting sich  auch real  seinen virtuellen Fotos anzupassen?  Fast scheint es so.

Was kann einen Menschen dazu bringen, sich lähmendes Nervengift ins Gesicht spritzen zu lassen und was, sich sogar freiwillig unters Messer zu legen, ohne sich hundertprozentig sicher zu sein, wie man nach einem solchen chirurgischen Eingriff am Ende tatsächlich ausschaut? Oft genug wird davon gesprochen, dass die Operierte "furchtbar verschnitten" aussähe...

....und schließlich: Was hat das Thema mit Ethik und Kultur zu tun? 

SEHR VIEL, denn im Grunde geht es beim Retuschieren und Schnippeln um die Verletzung der eignen Würde, auch um Täuschung und um das Aushebeln der Kultur des entspannten Älterwerdens

Es sind ja nicht nur Frauen, sondern auch immer mehr Männer, die ein erhebliches Problem damit haben, dass sie nicht mehr jung ausschauen, die nicht akzeptieren wollen, dass ihr gelebtes Leben optische Spuren hinterlassen hat . Woran kann das liegen? 

Eine zufriedenstellende Antwort habe ich diesbezüglich noch nicht gefunden. Hängt es mit dem Gedanken, mit der diffusen Angst, nicht zu genügen zusammen? Stellt sich die Frage wem?

Oder hängt es eher damit zusammen, dass man es nicht ertragen kann, wie man gelebt hat?

Oder ist von allem etwas dabei?

Die Infantilisierung der Gesellschaft zeigt sich auch darin, dass der Mensch die Vergänglichkeit des Lebens nicht mehr wahrhaben möchte. Das sollte zu denken geben.

 Helga König

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