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Freitag, 30. März 2018

Helga König, Osterkolumne, 30.3.2018

Mit dem Begriff "Heimat" assoziiere ich spontan Begriffe wie "Heimatvertriebene", "Heimaturlaub", "Heimatfilme" aber auch "Heimatmuseum" und habe ihn deshalb schon früh aus meinem aktiven Sprachschatz aussortiert.

Poesiealbumsprüche wie etwa "Vergesse nie die Heimat/Wo deine Wiege stand/ Du findest in der Ferne/ Kein zweites Heimatland" machen deutlich, welche Ideologie hinter diesem Begriff auszuloten ist. Der Ort, wo man geboren wurde und seine Kindheit verlebte, wird in diesem Vers eindeutig überhöht, ganz ähnlich wie man dies ansonsten vom Begriff der "ersten Liebe" her kennt. 

Wer das Alte vergisst, muss innere Leere erleben, denn im Neuen kann man nicht verwurzeln, so die Botschaft. Das Postulat, die Heimat nicht zu vergessen, will demnach letztlich eine geglückte Neuorientierung verhindern. 

Vor diesem Problem standen bereits viele Heimatvertriebene nach dem 2. Weltkrieg, wenn sie in die Falle dieses fatalen, sentimentalen Gedankens tappten. Das gedankliche Kleben an der "Heimat" als Ort der einzigen Glückseligkeit macht den Menschen, der den Ort seiner Kindheit freiwillig oder aufgrund von Zwang verlassen hat, unglücklich und verhindert eine entspannte Integration in neue Lebenskreise. 

In Regionen, wo man einen überzogenen Heimatkult betreibt, haben neu Hinzugezogene, gleichgültig, woher sie kommen, keine Chance. Dazu zu gehören, ist noch nicht einmal möglich, wenn man in einer solchen Region geboren wurde. Man muss- ganz wie bei den Nazis- beweisen, dass man ethnische Wurzeln dort hat. 

Das Heimatmuseum bewahrt in der Regel Utensilien ortsansässiger Familien aus den ersten 45 Jahren des letzten Jahrhunderts. Weiter zurück will man nicht gehen, sondern eigentlich nur dokumentieren, wer dazugehört und wer nicht. So hat der Begriff "Heimat" viel mit Ausgrenzung, Verweigerung, Sentimentalität, Dominanz und letztlich mit Schildbürgertum zu tun. Kurzum, es mangelt ihm an Weltoffenheit.

Sich irgendwo zuhause zu fühlen, die Besonderheiten von Regionen weltweit zu schätzen, sie zu bewahren und vielleicht auch zu verbessern, ist die Aufgabe aller, denen Kultur am Herzen liegt. Tradition sollte immer auch Neues zulassen und sollte sich als Lernprozess verstehen. 

Wer "Heimat" als Lernprozess begreifen möchte, muss weit gereist sein und mit Menschen aus vielen Regionen gesprochen haben, dann wird er gewiss nach neuen Begrifflichkeiten suchen, seine industriell hergestellten Sammeltassen nicht mehr ins Heimatmuseum tragen, sondern sich stattdessen bemühen, wirklich alte, regionale Kulturgüter zu bewahren und sie nicht der Beliebigkeit der Industrie opfern, wie dies mit so vielen  Dingen geschieht. 

Allen ein schönes Osterfest

Helga König

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