Impressum

Das Impressum finden Sie auf der Hauptseite von "Buch, Kultur und Lifestyle- Das Magazin für den anspruchsvollen Leser" wwww.rezensionen.co

Samstag, 24. Februar 2018

Sonntagskolume Helga König: 25.02.2018

"Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre" ("Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben") Jacques Maritain 

Am 20.2.1810 wurde der polnische Komponist Fréderic Chopin geboren, am gleichen Tag, im gleichen Monat beging 1942 der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig Selbstmord und ein Jahr später wurde die Widerstandskämpferin Sophie Scholl von den Nazis enthauptet. 

Fréderic Chopin verstarb im Alter von 39 Jahren an einer Herzbeutelentzündung. Sein Musiklehrer Joseph Elsner- er war Direktor des Warschauer Konservatoriums- stellte im Hinblick auf seinen Schüler fest: "Er meidet die ausgetretenen Pfade und gewöhnlichen Methoden, aber auch sein Talent ist ungewöhnlich."* 

Galt dies nicht auch für die beiden anderen, hier genannten Persönlichkeiten, die Jahrzehnte später an einem 22. Februar verstorben sind? 

Stefan Zweig  studierte Philosophie und wurde mit einer Dissertation über "Die Philosophie des Hippolyte Taine bei Friedrich Jodl" promoviert.  Er mied  eindeutig ebenfalls ausgetretene Pfade und gewöhnliche Methoden und auch sein Talent war - wie alle Zweig-Leser wissen - ungewöhnlich. 

Seine Erfahrungen zu Zeiten des ersten Weltkriegs veranlassten ihn zu der Entscheidung,  nun seinen "persönlichen Krieg zu beginnen: den Kampf gegen den Verrat der Vernunft an die aktuelle Massenleidenschaft."

Was den 1. Weltkrieg anbelangte schrieb er: "Von Anfang an glaubte ich nicht an den "Sieg" und wusste nur eines gewiss: dass selbst wenn er unter maßlosen Opfern errungen werden könnte, er diese Opfer nicht rechtfertige. Aber immer blieb ich allein unter all meinen Freunden mit solcher Mahnung, und das wirre Siegesgeheul vor dem ersten Schuss, die Beuteverteilung vor der ersten Schlacht ließ mich oft zweifeln, ob ich selbst wahnsinnig sei unter all diesen Klugen oder vielmehr allein grauenhaft wach inmitten ihrer Trunkenheit**

Ähnlich wie Frederic Chopin wunderbare Musik komponierte, die ihn überdauerte, schrieb der jüdische Autor Stefan Zweig herausragende Bücher, die in der NS-Zeit auf die Liste der Bücherverbrennungen gesetzt wurden. 1935 schließlich wurde Zweig in die Liste verbotener Autoren aufgenommen und 1941 wurde ihm sein Doktorat aberkannt. Als engagierter Intellektueller trat er mit Nachdruck gegen Nationalismus und Revanchismus ein und warb für die Idee eines geistig geeinten Europas.Von 1934 bis zu seinem Tode lebte er im Exil.*** 

Chopin lebte übrigens ebenfalls im Exil. Er verließ als 20 Jähriger Polen, ging aus politischen Gründen auf Drängen seines Vaters nach Frankreich und so wurde Paris von da an  der Mittelpunkt seines Lebens und Schaffens. 

Beide hochsensiblen Persönlichkeiten begriffen sich als Europäer und zeigten durch ihre Werke, dass der Weltgeist  sie nicht nationalstaatlich fesseln und engen wollte. 

Sophie Scholl, die dritte große Persönlichkeit im Bunde hatte Biologie und wie Stefan Zweig auch Philosophie studiert. Was aus ihr geworden wäre, wenn die Nazis sie nicht ermordet, sondern sie stattdessen  hätte in die Schweiz fliehen können,  bleibt nur zu vermuten.  Gewiss ist,  dass sie  sich im Nachkriegsdeutschland für ein geeintes demokratisches  Europa engagiert hätte. Ihr klarer Geist hätte nichts anderes zugelassen.

Das Bewundernswerte an Sophie Scholl ist u.a auch, dass sie es schaffte, trotz ihrer Schulzeit im Nazideutschland und der ideologischen Manipulationen in der Hitlerjugend, eine Abwehrhaltung gegen das Nazis-Regime zu entwickeln. 

Sie orientierte sich an den augustinischen Schriften und entschied sich für den Widerstand gegen das NS-Regime. Dass ihr dies zum Verhängnis wurde, wundert nicht. 

Sophie Scholl zitierte in ihren Briefen häufiger den französischen Philosophen Jacques Maritain. Dieser sagte: Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre ("Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben".**** 

Wer ausgetretenen Pfade und gewöhnlichen Methoden meidet, benötigt einen harten Geist und wer für andere etwas Wahres, Gutes oder Schönes leisten möchte, braucht in erster Linie ein weiches Herz, denn nur dann, ist man bereit, anderen etwas zu schenken. 

Fréderic Chopin, Stefan Zweig und Sophie Scholl schenkten uns allen mehr als wir zu begreifen in der Lage sind. 

Helga König

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen