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Samstag, 5. März 2016

Helga König: Sonntagsgedanken, 6.3.2016

"Wenn die Gerechtigkeit untergeht, hat es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden leben." (Immanuel Kant 1724-1804) 

Als ich den Satz des Philosophen Immanuel Kant heute Nachmittag las, fragte ich mich spontan, ob es in unserer Welt jemals Gerechtigkeit gegeben habe oder ob sie immer nur ein Ideal war, von dem man hoffte, dass es sich eines Tages vollkommen verwirklichen ließ? 

Regeln und Gesetze in demokratischen Ländern streben Gerechtigkeit in Beziehungen von Menschen zu anderen Menschen an. Doch Regeln und Gesetze werden leider immerfort übertreten. Von daher besteht die Gefahr, dass die Gerechtigkeit  tatsächlich irgendwann völlig untergeht. 

Seit der Antike gilt sie bereits als höchste Tugend im sozialen Zusammenleben. Überall wo man hinblickt, sieht und erlebt man jedoch unglaubliche Ungerechtigkeiten. Diese beginnen in Familien, setzen sich in der Wirtschaft, Gesellschaft sowie Politik fort und befruchten einander auf fatale Weise. 

Kaum eine Familie, die nach einem Erbfall nicht auseinanderdriftet, da Eltern es nicht schafften, gerecht zu teilen… Einen ungerechten Verteilschlüssel erleben wir auch auf staatlicher Ebene, wo er immerfort zu gesellschaftlichen Spannungen führt. Wer nach vermeintlichem Bedarf oder aufgrund fragwürdiger Vorlieben verteilt, wird  ungerecht und wer Begehrlichkeiten bedient, dabei Gerechtigkeit außer Acht lässt, fördert nicht selten  die Dekadenz. 

Nichts ist kränkender als von Ungerechtigkeit betroffen zu sein. Sie macht den Selbstbewussten zornig und lähmt den Verunsicherten. Ist sie nicht veränderbar, weil sie systemisch geworden ist, bleibt uns nur die Möglichkeit zu gehen und anderenorts unser Glück zu versuchen, denn wo keine Gerechtigkeit vorhanden ist, kann es weder Sinn noch Glück geben. 

An solchen Orten herrscht zumeist übelste Auseinandersetzung, die alle Beteiligten zermürbt, krank macht und die Kreativität abtötet. Der gesunde menschliche Geist versteht Ungerechtigkeit nicht und möchte die Ursachen ergründen. Findet er sie nicht, verzweifelt er nicht selten. 

Haben Sie schon einmal ein ungerecht behandeltes Kind gesehen, dass mit großen Augen denjenigen anblickt, der es unfair behandelt hat? Solche Augen sagen alles.  Rechtschaffene Menschen, egal wie alt sie sind, können mit Ungerechtigkeit nichts anfangen. Mangelnde Gerechtigkeit zersetzt alles. 

"Wenn die Gerechtigkeit untergeht, hat es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden leben", sagt Kant voller Weisheit, denn an Orten, wo mit vielerlei Maß gemessen wird, geht die Hoffnung verloren. Dauerhafte Ungerechtigkeit traumatisiert. Es kann kein Vertrauen entstehen. Man lebt in einer Welt, die einem Alptraum gleicht. Es ist die Welt der Finsternis. Es ist die Hölle.

Heiterkeit ist ein Kind der Gerechtigkeit und beide gedeihen dort, wo Licht ist. Dort auch und nur dort findet Leben statt.

Helga König

2 Kommentare:

  1. Ein mitreißend, wahrhaftiger Text, der direkt ins Blut geht.
    Bleiben Sie auf dieser Spur liebe Helga, folgen Sie nur Ihren Weg. Er führt sie aus der Finsternis und Verzweiflung in das gleißende Licht von Erkenntnis und Wahrhaftigkeit.

    Wie lebten und leben zwar in zwei Welten, doch Sie bauen unermüdlich an Brücken.

    Das war @notwendig

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  2. Danke, lieber Willi für den nachdenklichen Kommentar. Je älter ich werde, um so deutlicher erkenne ich, dass es nicht die Liebe, sondern die Gerechtigkeit ist, die den Menschen auf Dauer Glück und Sinn beschert. Einen schönen Tag noch. Helga

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