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Sonntag, 20. Januar 2019

Sonntagskolumne, Helga König 20.1.2019

"Wer die Achtung vor sich selbst verliert, ist verloren." (#Ernst_Ferstl)

#Selbstachtung wird vom Duden als Gefühl für die eigene menschliche Würde definiert. 

Wann kommt einem dieses Gefühl abhanden? Verliert man die Selbstachtung nur durch eigene Schuld oder kann man sie auch durch die Schuld anderer verlieren oder durch beides gleichermaßen? 

Prof. Dr. #Martin_Seel schreibt dazu: "Akte der Demütigung können die Integrität eines Menschen ebenso zerstören wie der Mangel an Courage und Nüchernheit. Die Destabilisierung kann sich auch auf schleichende Weise vollziehen: durch ein Nachlassen der Sorge um sich, wie es durch ein Mitläufertum auf Partymeilen, bei politischen Prozessionen oder auf ideologischen Pilgerreisen eintreten kann. Personen, denen diese Sorge gleichgültig geworden ist, haben den inneren Kompass verloren."* 

#Thomas_Knorra postet fast täglich in den sozialen Netzwerken über das Leid gedemütigter Kinder und mahnt die Erziehungsberechtigten an, ihren Schützlingen mehr Wertschätzung entgegenzubringen. 

Haben Menschen durch Demütigungen in frühen Jahren ihre Selbstachtung verloren, sind sie  offenbar zumeist nicht mehr in der Lage, ihre Mitmenschen wirklich zu achten, wenn sie in Sachen Mitgefühl nicht psychologisch nachschult werden. 

Wie sich besagtes Nicht-Achten in sehr aggressiver Form anfühlen kann, kann man täglich in den sozialen Netzwerken erleben und zwar überall dort, wo Rüpel auftreten. Sie kennen offenbar keine Wertschätzung. 

Mangelnde Selbstachtung macht tatsächlich anfällig, zum Mitläufer zu werden und nicht mehr zu hinterfragen, ob man das, was andere tun und was man da eifrig beklatscht, mit unserem Selbst noch vereinbar ist. 

Wer je Shitstorm-Kommentarseiten zu Büchern gelesen hat, kann dort sehr gut nachvollziehen, dass ein Schwarm von Mitläufern nur allzu gerne bereit ist, einen Autor und sein Werk verbal fertig zu machen, ohne beide überhaupt zu kennen. Es genügt, dass ein Vorturner die Losung "Gib´s ihm oder ihr" herausgibt und schon wird brachial auf beide eingedroschen. 

Ein Mensch, der über eine gesunde Selbstachtung verfügt, würde dies nie tun. Es würde ihn anekeln, sich selbst so zu erniedrigen, es nötig zu haben, sich nur dadurch zu gut zu fühlen, dass er anderen Kummer bereitet. 

Ein Mensch mit geringer Selbstachtung hofft hingegen insgeheim, das eigene Selbstwertgefühl würde sich erhöhen, wenn er andere plattbügelt. Doch da irrt er. Das Gegenteil geschieht. 

Die Strategen der Nazis haben nach dem verlorenen 1. Weltkrieg Hunderttausende von Menschen mit sehr beschädigter Selbstachtung um sich geschart, die ohne zu hinterfragen, zu jeder Schandtat bereit waren und denen, weil sie komplett unfähig waren zu trauern oder gar ihre Schuld anzunehmen, nach 1945 nur das Verdrängen und das aberwitzige Aufblasen ihres Egos blieb, um nicht vor Selbstekel Suizid zu begehen. 

Es stimmt: "Wer die Achtung vor sich selbst verliert, ist verloren." 

Zwei Generationen waren es im letzten Jahrhundert allein hierzulande. Das müsste doch eigentlich für die nächsten 1000 Jahre genügen, oder? 

Wer immerfort liebdienert, wer antichambriert, um einen persönlichen Nutzen dadurch zu erzielen, verliert früher oder später ebenfalls seine Würde restlos, auch wenn er dann vielleicht bereits durch die Liebdienerei  in Geld, Amt und Würden schwimmen mag. Auch er ist verloren für alle Zeiten.

Helga König

* Martin Seel  "111 Tugenden-111 Laster"

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