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Samstag, 5. Mai 2018

Helga König: Sonntagskolumne, 6.5.2018

"Redefreiheit endet dort, wo Beleidigungen und Verleumdungen beginnen. Auch im Internet." 

Angeregt durch eine Dokumentation des ZDF über das Trollwesen im Internet und durch die kürzlich ausgestrahlte Diskussion in der ARD bei Maischberger mit dem Titel  "Man wird ja wohl noch sagen dürfen. Wie diskriminierend ist Sprache? postete ich gestern obigen Satz auf Twitter und  auf Facebook.

Ein User kommentierte meinen Tweet: "Nein, Redefreiheit ist Redefreiheit, Beleidigungen und Verleumdungen muss man aushalten oder vor Gericht gehen", woraufhin ich mich zunächst erst einmal schwer wunderte und dann antwortete: "Auch Redefreiheit hat Grenzen. Sie sind gesetzlich geregelt. Eine mündige Gesellschaft hält sich an Gesetze, weil sie deren Sinn erkennt und entlastet damit die Gerichte.“ 

Schaut man sich die Dokumentation im ZDF über das Verhalten und die Argumentation von Trollen oder oft sogar organisierter Trollbanden an und vergegenwärtigt sich die Rechtfertigungsversuche von Rappern wie Bushido, wird klar, dass in unserer Gesellschaft offenbar manchen nicht mehr bewusst ist, welche Wirkung Sprache haben kann und man deshalb Sprachtätern leider vieles viel zu lange durchgehen lässt.

Sprache, die hochaggressiv, menschenverachtend und in diesem Zusammenhang rassistisch ist, muss von keinem ausgehalten und geduldet werden bis das Gericht einen Maulkorb verhängt, sondern es liegt an uns allen, diesen Wortentgleisern durch Spracherziehung Einhalt zu gebieten, weil eine rüde Sprache das Denken der Zuhörer auf Dauer verändern kann und damit leider auch die gesellschaftlichen Verhaltensmuster immer unzivilisierter werden können. 

Rücksicht wird auf diese Weise zum Auslaufmodell im zwischenmenschlichen Verhalten. 

Gewaltverherrlichende, rassistische und frauenabwertende Texte oder Zynismus im Hinblick auf Holocaustopfer wie sie in Rappertexten vorkommen, dürfen nicht hinter dem Begriff Kunst versteckt werden, um dann ihr Unwesen in den Köpfen junger Zuhörer treiben zu können. Das Gleiche gilt für unterirdische Beleidigungen im Rahmen von Satire, auch diese sind für eine mündige Gesellschaft ein NOGO. Es ist nicht notwendig einen Menschenverachter persönlich zu beleidigen, um sein unakzeptables Tun satirisch erkennbar zu machen.

"Freiheit der Kunst" bedeutet nicht, dass man als verbaler Berserker alle Grenzen zivilisierten Verhaltens durchbrechen und hämisch grinsend sich sicher sein kann, dass ein nicht nachvollziehbares Kunstverständnis die verbalen Entgleisungen auch noch prämiert. 

Alle Welt beklagt das Verhalten von Mobbern, Stalkern und Trollen im Netz. Doch es geschieht kaum etwas,  um diesen Personen Einhalt zu gebieten, weil sowohl die Betreiber von Plattformen wie auch die Polizei und die Gerichte offenbar überfordert sind mit dem Problem. Begründet ist dies dadurch, dass sich diese Rüpel immer neue Accounts zulegen  oder sich gar über Server aus anderen Ländern oder Kontinenten ins Netz einwählen. Sie fühlen sich schlau, sind aber in Wahrheit Analphabeten, was die Sozialverträglichkeit anbelangt. 

So wird im Großen und im Kleinen weiterdiffamiert, weiterbeleidigt und weitermanipuliert. So werden Menschen in Krankheiten oder gar in den Tod getrieben, weil Sprache dies möglich macht und Spracherziehung sträflich  vernachlässigt wird. 

Eine gute Spracherziehung ist  vor allem eine geglückte Sprachsensibilisierung, die einhergeht mit Höflichkeit, weil sie auf ein gelingendes Miteinander ausgerichtet ist. Eine solche Spracherziehung scheint in den letzten Jahren vernachlässigt worden zu sein, denn ansonsten müssten wir die vielen Entgleisungen nicht beklagen. 

Spracherziehung endet nicht mit der schulischen Ausbildung. Sie sollte zu einem Akt der Selbstdisziplinierung bis ins hohe Alter werden und damit zum Gradmesser des eigenen kulturellen Niveaus. 

Helga König

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