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Samstag, 27. Februar 2016

Helga König: Sonntagsgedanken, 28.2.2016

Vor einigen Stunden twitterte ich: "Was mir Sorgen macht? Dass noch immer nicht von allen erkannt wird, dass der Fremdenhass von heute identisch ist mit dem von gestern."

#Jakob_Augstein schreibt nicht grundlos am 23.Februar  2016 auf Facebook:  "In Sachsen herrscht Pogromstimmung. In Bautzen haben Menschen gejubelt, als ein Ausländerwohnheim brannte. In Clausnitz haben sie einem Bus mit Flüchtlingen den Weg versperrt und die verängstigten Menschen mit Schimpf und Schande in ihre Unterkünfte gejagt."

Dem Internet* ist zu entnehmen, dass es in Sachsen vor 1933 rund 20. 500 Tausend Juden gab. 90 Prozent dieser Menschen lebten in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz. Der Rest verteilte sich auf jüdische Gemeinden wie Bautzen, Plauen, Zwickau etc. Der Terror gegen die Juden begann im Frühling 1933. In größeren Städten wie Chemnitz, Dresden, Plauen, Freiberg, Zwickau, Aue sowie Döbeln wurden zunächst jüdische Kaufhäuser, Einzelhandelsgeschäfte, Gaststätten, Arzt- und Rechtsanwaltspraxen boykottiert. Nicht wenige Juden planten damals schon die Aufgabe ihrer Geschäfte und Firmen sowie ihre Ausreise oder suchten sich sogenannte "Arier" als Geschäftspartner. Schon damals wechselten unter Wert zahlreiche Unternehmen ihre Besitzer, nicht zuletzt, weil sich nicht wenige Deutsche motiviert fühlten, ihren Nutzen aus dem Vorgehen der Nazis zu ziehen.* 

Jüdischen Mitbürger wurden denunziert, Miet- und Pachtzahlungen verweigert, Schulden nicht beglichen oder man bereicherte sich direkt an jüdischem Eigentum. In Sachsen bestanden bis 1938 noch 200 jüdische Vereine, in erster Linie religiöse und zionistische, Berufs-, Hilfs- und Unterstützungsvereine sowie Sportklubs und Jugendgruppen.*

1938 wurde dann  in Dresden "die verunglimpfende Wanderausstellung des Deutschen Museums in München Der ewige Jude " gezeigt.* 

Ab 4. März 1938 folgte im Gau Sachsen eine Propagandaaktion unter dem Motto "Völkerfrieden oder Judendiktatur" mit etwa 1.000 Massenversammlungen. Im Juni 1938 dann wurden erwerbslose männliche Juden verhaftet. Allein in Leipzig waren es 45 Juden, die teilweise ohne Vernehmung zur Zwangsarbeit nach Sachsenhausen verbracht wurden. Am 9. November 1938 dann fand die Reichspogromnacht statt. "In allen größeren Städten Sachsens rotteten sich in den Abendstunden des 9. November Trupps von SA, SS, NSKK und zivilen Naziaktivisten zu Stoßtrupps zusammen, die neben Synagogen, israelitischen Friedhöfen und Bethäusern auch jüdische Warenhäuser und Geschäfte, Schulen und Kindergärten, Vereinshäuser und Büros brandschatzten, plünderten und zerstörten. Jüdische Bürger wurden geschlagen und waren furchtbaren Demütigungen ausgesetzt. Systematisch wurden ihre Wohnungen durchkämmt und verwüstet, die Männer verhaftet und größtenteils in die KZ Buchenwald und Sachsenhausen verschleppt," schreibt Dr. Gerald Kolditz in seinem Aufsatz "Antisemitismus und Judenverfolgung in Sachsen zwischen Reichsgründung 1871 und Zweitem Weltkrieg". *

In den vergangene Monaten brannten in Sachsen- allerdings keineswegs nur dort- viele Flüchtlingsheime und es wurden unsägliche Hetzreden gehalten, die eine Pogromstimmung erzeugt haben, die an jene erinnert, die im Aufsatz  von Dr. G. Kolditz beschrieben wird. 

Es sind aber keineswegs nur die Einpeitscher von PEGIDA und AfD, die dafür mitverantwortlich sind.

Die Rede der PEGIDA Frontfrau Tatjana Festerling vom 22.2.2016 in Dresden, in der sie sagt "Ich stelle mich voll und ganz hinter die Clausnitzer", entlarvt sie als Agitatorin rechtsradikalen Gedankengutes.  Bitte überzeugen Sie sich selbst: Rede von Tatjana Festerling

Auf den Facebookseiten der Journalisten Jakob Augstein und Liane Bednarz  hat man Gelegenheit sich ein Bild zu machen, was es mit den ideologischen Veränderungen des politischen Magazins CICERO auf sich hat. Noch uninformiert von der  vormaligen berufliche Nähe zwischen Jongen und Sloterdijk,  schrieb ich am 31.1.2016 in meiner damaligen Sonntagskolumne "Der Philosoph Rüdiger Safranski, auch der Dramatiker Botho Strauß und nun zu allem Überfluss der Kulturwissenschaftler Peter Sloterdijk singen, wie man den Medien entnehmen kann, ein Loblied auf die Grenze und machen damit, ob gewollt oder ungewollt die Geisteshaltung der AfD in intellektuellen Kreisen hoffähig. Von "Überflutung" und "Überrollung" ist die Rede. Diese Begriffe lassen aufhorchen, erinnern sie doch an Schlagworte aus der rechten Szene. "

Zwischenzeitlich konnte ich der Süddeutschen entnehmen, dass Marc Jongen als Parteiphilosoph der AfD gilt und jahrelang Assistent von Peter Sloterdijk, dem früheren Rektor der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe war. Was soll man da bitte denken? Sind es nicht die Lehrer, die ihre Schüler gedanklich befruchten oder es zumindest sollten? 

Es muss uns klar werden, ganz unabhängig von den derzeitigen Flüchtlingsproblemen, dass in unserem Land der Fremdenhass der Nationalsozialisten aus Hitlers Zeiten noch immer vorhanden ist und sich an stets neuen Personengruppen entzündet. Gestern waren es die Juden, heute sind es die Muslimen, morgen vielleicht Buddhisten, übermorgen wer auch immer. 

Es ist unverantwortlich und widerwärtig, wenn man als "gebildeter Mensch"  subtil Fremdenhass schürt, weil man sich möglicherweise  in einer veränderten Parteienlandschaft eine bessere Position erhofft, sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder an Universitäten. Schon einmal haben zahllose Deutsche Nutzen aus der Verfolgung einer religiösen Minderheit durch Rechtsradikale gezogen. Wer sagt uns, dass dies nicht ein zweites Mal geschieht? 

Hat sich die AfD und PEGIDA schon distanziert von der Provokation eines bislang Unbekannten, der einen Schweinekadaver in Leipzig auf das Gelände einer Moschee geworfen hat? Das tote Tier beleidigt sowohl Muslime, als auch die Kanzlerin und zeigt wie sehr sich die Provokationen von gestern und heute gleichen. Beschämend. 

Haben sich die Bundesverdienstkreuzträgerin Dr. Frauke Petry und der  verbeamtete Wutdenker  Dr. Marc Jongen schon distanziert ?   Man  kann erwarten, dass  hier klar Stellung bezogen wird.

Helga König



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